Seit am 2. März der wegen Mordes am Präfekten Claude Érignac verurteilte korsische Separatist Yvan Colonna im Gefängnis von Arles bewusstlos aufgefunden wurde, gibt es auf der zu Frankreich gehörenden Mittelmeerinsel schwere Proteste, Kundgebungen und Straßenschlachten.
Der von einem Mithäftling ausgegangene Mordversuch an Colonna, der nach wie vor in Todesgefahr schwebt, hat einerseits Vorwürfe an den französischen Staat ausgelöst, weil Colonna und andere Korsen einem Sonderhaftregime unterworfen sind, das eine Unterbringung auf der Insel verhindert. Andererseits wurde dadurch aber auch eine seit Jahren schwelende Unzufriedenheit an die Oberfläche geschwemmt, die auf den missachteten Forderungen nach mehr Autonomie oder staatlicher Unabhängigkeit beruht.
Mitglieder des Sindicatu di i Travagliadori Corsi (STC) haben seitdem erfolgreich verhindert, dass Schiffe mit Verstärkung für die französische Polizei in Korsika anlegen konnten, die die Aufgabe gehabt hätten, die Proteste zu unterdrücken.
Die Forderungen, die von den Menschen auf der Straße erhoben werden, lassen sich neben einer sofortigen Freilassung von Colonna im Falle seiner Genesung in drei Punkten zusammenfassen:
- Völlige Gleichstellung der korsischen mit der französischen Sprache.
- Gesetzgebungs- und Steuerautonomie.
- Verkauf von Immobilien ausschließlich an Ortsansässige.
Die französische Regierung um Premierminister Jean Castex signalisierte während der letzten Tage Gesprächsbereitschaft, auch in Paris ist nun von einer weitgehenden Autonomie die Rede, die Korsika demnächst gewährt werden könnte. Gleichzeitig wurde das umstrittene Sonderhaftregime für Colonna und einige weitere Korsen bereits aufgehoben.
Seit 2015 wird die Insel von autonomistischen und sezessionistischen Kräften regiert, deren Hauptziel die drastische Ausweitung der Eigenregierung ist. Schon heute hat Korsika in den Bereichen Bildung, Kultur, Wirtschaft, Umwelt, Sport, Verkehr und Wohnen teils deutlich weiterreichende Zuständigkeiten als jede Region des französischen Festlands.
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