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Mit Atomwaffen kein echter Friede.
Ukraine-Krieg

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Nach der russischen Invasion in der Ukraine wird in Europa ein neuer Eiserner Vorhang fallen. Danach wird es darum gehen müssen, Atomwaffen endlich definitiv zu ächten.

Die Schreckensbilder aus den beschossenen und ausgehungerten Städten des Ostens der Ukraine, das Leid der Eigeschlossenen und Flüchtenden, der unglaubliche Mut und die Entschlossenheit von Regierung und Verteidigungskräften der Ukraine werden uns noch wochenlang begleiten. Wenn Putin sein Diktat für einen Waffenstillstand (Demilitarisierung, Neutralität, Abtretung widerrechtlich besetzter Gebiete) nicht durchsetzt, wird er die nächste Garnitur an Waffen und militärischen Einheiten einsetzen bis zu den tschetschenischen Terrormilizen von Kadyrow, seinem Statthalter in Grosny, das er bis 2009 dem Erdboden gleich gemacht hat. Wie weit Russland zu gehen bereit ist, hat das Regime im Kreml in Aleppo und anderen Städten gezeigt. Wenn die Welt nach Syrien (und wohlgemerkt auch nach der Invasion des NATO-Staats Türkei in Afrin und Rojava) wieder zur Tagesordnung zurückkehrt, warum sollte das nach Putins »Militär-Sondereinsatz« im Nachbarland nicht auch so sein?

Mit Sicherheit geht diese Rechnung des Kremls nicht mehr auf, und das schafft Hoffnung. Konnte Europa in Tschetschenien und Syrien noch wegschauen und die Annexion der Krim und die von Russland herbeigeführte De-facto-Abspaltung des Donbass mit schwachen Sanktionen hinnehmen, ändert dieser Krieg alles. Zunächst hat er die Ukraine vereint, ein Land mit dutzenden Minderheiten. Er hat die EU zu einer ungekannten Geschlossenheit geführt, hinter Hilfslieferungen, Sanktionen, Flüchtlingsaufnahme ist auch die Perspektive eines baldigen EU-Beitritts einer freien Ukraine konkret geworden. Er hat für die NATO geklärt, dass sie auch konventionell zur gemeinsamen Verteidigung gerüstet sein muss. Er hat aber auch zur bitteren Erkenntnis geführt, dass hochgerüstete Autokratien zu allem bereit sind, solange sie auf ihr Militär zählen können.

Die Zeitenwende, die deutsche Politiker ausgerufen haben, betrifft nicht nur die Sanktionierung Russlands, sondern auch das Ende der Friedensdividende, der Friedensordnung, die sich nach der Schlusserklärung von Helsinki 1975 und der Gründung der OSZE ergeben hat. Das Putin-Regime hat dem souveränen Staat Ukraine das Existenzrecht und das Recht auf territoriale Integrität abgesprochen, einem ganzen Volk das Recht auf demokratische Selbstbestimmung genommen und damit die Grundlagen des Friedens in Europa aus den Angeln gehoben.

Angesichts eines dermaßen eklatanten Bruchs des Völkerrechts müsste die Weltgemeinschaft eigentlich geschlossen den Notstand ausrufen und zur Verteidigung des angegriffenen Landes schreiten. Das ist in einzelnen Fällen auch schon geschehen, wie z.B. in Korea 1950-1953, in Kuwait 1991 und dann im Kosovo 1999, dort allerdings ohne Zustimmung des von China und Russland blockierten Sicherheitsrats. Gegen das Votum der Autokratien ist dann eine Art Notwehrrecht eines angegriffenen und von Völkermord bedrohten Landes anerkannt und eine humanitäre Intervention ermöglicht worden. Das geschieht jetzt nicht: Russland hat nicht nur eine High-Tech-Armee, sondern ist die quantitativ größte Atommacht und dem Putin-Regime ist jede Eskalation zuzutrauen.

Die völkerrechtstreue Staatengemeinschaft – immerhin 141 von 193 UN-Mitgliedstaaten, die den russischen Angriff verurteilt haben – wird sich auf eine andere Strategie einigen müssen, wenn sich der Ukraine-Krieg nicht wiederholen soll. Leider werden es zunächst massive Investitionen in die Rüstung sein, die zu Lasten des Klimaschutzes gehen. In Europa wird die Stärkung der NATO unvermeidlich sein. Dann wird es ein weltweit koordiniertes Regime für Wirtschaftssanktionen gegenüber verbrecherischen Autokratien brauchen, was nicht nur für Russland gilt. Die UN wird sich eine neue demokratische Struktur und eine viel robustere Eingreiftruppe geben müssen, wenn sie Angriffskriege und Völkermord verhindern will. Schließlich wird es einen Durchbruch zur nuklearen Abrüstung brauchen. Es kann im 21. Jahrhundert nicht mehr sein, dass sich autoritäre Mächte unter dem militärischen Schirm ihrer Atomwaffen alles erlauben. Dann bliebe dem Faustrecht immer Spielraum sowohl für Erpressung als auch für konkreten Angriff. Putin braucht nur mit »noch nie gekanntem Ausmaß an Gewalt« zu drohen und kann über Nachbarländer herfallen. Die entsprechende Konvention gibt es bereits, den Atomwaffenverbotsvertrag. Er ist am 22. Jänner 2021 in Kraft getreten. 86 Staaten haben ihn unterzeichnet, 56 haben ihn ratifiziert. Natürlich die heutigen Atommächte nicht. Die offiziellen und De-facto-Atommächte haben damals gar nicht an den Verhandlungen teilgenommen. Doch genau das ist die Herausforderung der nächsten Zeit: nicht nur einen Atomwaffensperrvertrag mit allen Mitteln einhalten (geschieht derzeit gegenüber dem Iran), sondern auch den Atomwaffenverbotsvertrag endlich zu einem Pfeiler einer echten globalen Friedensordnung zu machen.

Cëla enghe: 01 02



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