Nachdem einige Parlaments- und Regierungsmitglieder um Kammerpräsident Fini die Mehrheit verlassen haben, steht heute in Rom die Vertrauensabstimmung an.
Die SVP hat ihre Enthaltung angekündigt, weil man sich als blockfreie Partei nicht in die staatliche Politik einmischen wolle, wie es der Landeshauptmann formuliert.
Nun ist die Blockfreiheit für eine Minderheitenpartei ein durchaus legitimer Opportunismus, wenn es darum geht, das eigene Territorium nach außen möglichst wertfrei, aber trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit wirksam zu vertreten. Sie darf aber nicht zum Feigenblatt werden.
Eine blockfreie Minderheitenpartei muss sich in einem solchen Fall an zwei Maßstäbe halten, die im Widerspruchsfall gegeneinander abzuwägen sind: Die Interessen des autonomen Landes (Südtirol) und die Bewertung der Regierungsarbeit insgesamt.
Zu letzterem Aspekt wurde im Laufe der letzten Jahre in Südtirol, in Italien und international so viel eindeutig Negatives gesagt, dass sich davon für eine demokratisch und rechtsstaatlich gesinnte Partei nur eine Möglichkeit ableiten lässt: Das Misstrauen. Selbst die Regierungskomponente um Fini hat die Mehrheit verlassen, weil sie den selbstherrlichen Regierungsstil des Premiers nicht mehr mittragen wollte.
Bleibt also noch das andere Kriterium, die Interessen Südtirols. Es ist unbestritten, dass während der Regierungszeit von Berlusconi nicht nur wenig vorangetrieben wurde, um die Autonomie zu festigen oder zu erweitern. Die römische Politik hat sich auch noch massiv (und bisweilen mit unerhörten Provokationen) in Südtiroler Belange eingemischt.
Diese staatliche Einmischung damit zu quittieren, dass man auf die ohnehin geringen Einflussmöglichkeiten in die Politik des Zentralstaats verzichtet, wäre töricht — und übrigens so gar nicht im Interesse unseres Landes.
Dabei geht es gar nicht darum, einen grundsätzlichen Konfrontationskurs zu fahren, sondern transparent zu argumentieren und Bedingungen auf den Tisch zu legen, die an eine Enthaltung (!) geknüpft sind. Und deren gäbe es — man blättere durch die Seiten dieses Blogs — zahllose.
Um nur einige Möglichkeiten zu nennen:
- Die Ratifizierung des Madrider Abkommens zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.
- Die Ratifizierung der Charta der Regional- und Minderheitensprachen des Europarats.
- Die Gleichberechtigung der Landessprachen in der Integration von Zuwanderern sowie der Übergang der einschlägigen Zuständigkeit ans Land.
- Die Zuständigkeit für den Südtiroler Autobahnabschnitt.
- Die Übertragung der Bahninfrastruktur einschließlich des Schienennetzes ans Land.
- Die Rücknahme des Verbots, das Landeswappen auf Schulzeugnissen anzubringen.
- Die Entschärfung und/oder Erklärung der sog. faschistischen Relikte, einschließlich des Übergangs der Zuständigkeit für Siegesdenkmal und Kapuziner Wastl ans Landesdenkmalamt.
- Die Abschaffung der (kürzlich wiedereingeführten) faschistischen Namensdekrete.
- Die Berücksichtigung des demokratischen Willens der Ladiner von Souramont, sich Südtirol anzuschließen.
- Eine echte Finanz- und Steuerautonomie.
- Die Landespolizei.
- Die Zuständigkeit für das Postwesen.
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