Als eines der letzten Länder in Europa hat Italien am 19. Mai die Gebärdensprache amtlich anerkannt. Es handelt sich dabei um einen Schritt, den die Gehörlosen und deren Organisationen seit Jahrzehnten gefordert hatten. Unter anderem wurde festgelegt, dass die öffentlichen Verwaltungen das Angebot von Dolmetschdiensten in Gebärden- und taktiler Gebärdensprache, die Anbringung von Untertiteln und jede andere Methode zum Verständnis der verbalen Sprache ebenso fördern müssen, wie die Ausbildung des entsprechenden Personals. Nun hat der Ministerrat 90 Tage Zeit, die Details zu regeln.
Die Norm bezieht sich ausdrücklich auf die italienische Gebärdensprache (LIS) und auf die italienische taktile Gebärdensprache (LIST). Doch wie wird diese überfällige Maßnahme in Südtirol umgesetzt? Gibt es in sinngemäßer Anwendung von Artikel 99 des Autonomiestatuts auch einen Anspruch auf Verwendung der »deutschen« (taktilen) Gebärdensprache?
Diesbezüglich müsste man sich auch darauf einigen, ob die deutsche oder die österreichische Gebärdensprache zur Anwendung kommt. Was nach Erbsenzählerei klingen mag, ist es keineswegs — denn wie ähnlich das gesprochene Deutsch der Bundesrepublik und Österreichs auch sein mögen, die beiden Gebärdensprachen (DGS und ÖGS) unterscheiden sich grundlegend. Dem Vernehmen nach verwenden die meisten deutschsprachigen Gehörlosen in Südtirol die ÖGS.
Als Folge der nunmehrigen offiziellen Anerkennung der Gebärdensprache in Italien müsste sich der Landtag dringend (wieder) mit dem Thema befassen.
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