Im Auftrag der Familie Tabarelli hat sich mit Carlo Scarpa einer der bedeutendsten italienischen (und europäischen) Architekten des 20. Jahrhunderts nach Südtirol gewagt. Der Venediger Baumeister wurzelt kulturell wie kaum ein anderer in der jahrhundertealten handwerlichen Tradition Mitteleuropas. Ausdrücklich bezog er sich in seinem Schaffen – neben Murano – auf die sprichwörtliche Präzision und Zuverlässigkeit des Wiener Handwerks, auf das bereits ein Adolf Loos seine Lobgesänge anstimmte. Und die der in die Staaten ausgewanderte Richard Neutra in seiner neuen Heimat so vermisste.
In Girlan (Gde. Eppan) hat Scarpa in den 60er-Jahren ein kleines Einfamilienhaus errichtet, dessen Schicksal nun ungewiss scheint: Die Besitzerin möchte den Bau veräußern, und zwar mit dem Ziel, ihn für die Öffentlichkeit zu erhalten und zugänglich zu machen. Wenn dies jedoch nicht gelingt, könnte das Haus der Spekulation zum Opfer fallen, da es nicht unter Denkmalschutz steht.
Obschon die Fakultät für Design der FUB ihr Interesse am Objekt angemeldet hat, und auch die Grünen mit gezielten Anfragen für dessen Erhalt eintreten, scheint der Fortbestand noch immer nicht endgültig gesichert. Die Brennerbasisdemokratie ruft die Verantwortlichen dazu auf, für den Erhalt der Villa alles Menschenmögliche zu tun, bevor es zu spät ist – gerade in einem Land, in dem das 20. Jahrhundert nicht reich an architektonischen Lichtblicken war.
Ich werde mich diesbezüglich an die Gemeinde Eppan und die Landesverwaltung wenden, und die Leser über eventuelle Antworten auf dem Laufenden halten.
Einen Seitenhieb kann ich mir nicht verkneifen: Wo bleiben im Fall der wirklich wertvollen Villa Tabarelli und – zum Beispiel – des Hotel Paradiso jene Parteien, die sich für die Erhaltung faschistischer Bauwerke angeblich vor allem aufgrund architektonischer Werte einsetzen? Oder gibt es ohne Liktorenbündel und reitende Duces keinen architektonischen Wert? Über so viel inhaltliche Ignoranz bin ich zutiefst enttäuscht.
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