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Coronaopfer und der Südtiroler Weg.

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Im Kontext der geplanten Einführung eines Südtiroler Grünpasses, der Geimpften, Genesenen und kürzlich Getesteten bestimmte Erleichterungen gestatten würde, ist es wieder zu Diskussionen über Erfolg und Misserfolg des sogenannten Südtiroler Weges gekommen. Insbesondere aufgrund der angekündigten Anfechtung dieses Passes durch die Zentralregierung hat sich etwa Grünen-Chef Felix von Wohlgemuth erneut zu scharfer Kritik gegen den Südtiroler Weg (O-Ton von Wohlgemuth: »Provinzliga«) hinreißen lassen.

Das habe ich zum Anlass genommen, die Daten zum Pandemieverlauf — konkret: die Anzahl der Verstorbenen — in Südtirol zu aktualisieren und erneut mit jenen der italienischen Regionen zu vergleichen:

Zum Vergrößern anklicken. Daten: Zivilschutz; Bevölkerungszahlen: ECDC.

Diesmal habe ich auch einzelne Zeiträume herausgefiltert, um die Aussagekraft zu erhöhen:

  • von Pandemiebeginn bis heute: Gesamtzahl der Coronatoten
  • staatlicher Weg: von Pandemiebeginn bis zwei Wochen nach Inkrafttreten des Landesgesetzes, auf dem die einschlägigen Verordnungen des Landeshauptmanns fußen
  • Südtiroler Weg: der gesamte Zeitraum von zwei Wochen nach Inkrattreten des Landesgesetzes bis heute
  • bis 31. Dezember und ab 1. Jänner für die Jahre 2020 und 2021

Bezüglich der Todeszahlen kann gesagt werden, dass Südtirol im Vergleich mit Norditalien insgesamt (von Pandemiebeginn bis heute) weiterhin besser dasteht. Sowohl im Zeitraum bis zum 23. Mai 2020, als nur Rom das Sagen hatte, als auch im Zeitraum ab dem 24. Mai 2020 (sogenannter Südtiroler Weg) liegt Südtirol im Vergleich an achter Stelle der Regionen. Wesentliche Unterschiede im Erfolg oder im Misserfolg bei der Pandemiebekämpfung zwischen der römischen und der Südtiroler Strategie lassen sich an den Todeszahlen nicht ablesen. Und dies obschon wir — wie von Wohlgemuth schreibt — »schlicht kein gesamtes Gesundheitsministerium im Rücken [haben], welches beratend zur Seite stehen und Öffnungskonzepte kritisch überprüfen könnte.«

Meines Wissens wurde in Südtirol aber mehr als im restlichen Italien darauf geachtet, die Schulen geöffnet zu halten. Ein diesbezüglicher Vergleich zwischen unserem Land und italienischen Regionen wäre interessant. Wenn nämlich die Schulen, möglicherweise aber auch Gastbetriebe und Geschäfte hierzulande wesentlich länger offen waren als auf dem Staatsgebiet, wären die trotzdem vergleichbaren (und im Vergleich mit Norditalien insgesamt niedrigeren) Todeszahlen eigentlich ein Erfolg.

Kritisieren kann man die Landesregierung für vieles. Bezüglich des Südtiroler Wegs müsste man aber wennschon anprangern, dass sie sich nicht noch viel stärker an Gebieten in Europa orientiert hat, die die Pandemie deutlich erfolgreicher als wir bekämpft haben — und nicht, dass sie die Autonomie genutzt hat, um sich vom ebenso erfolglosen römischen Weg loszusagen, um eine andere Herangehensweise zu versuchen.

Nachträgliche Bemerkungen:

  • Das Landesgesetz zur Pandemiebekämpfung ist am 9. Mai 2020 in Kraft getreten. Aus statistischer Sicht habe ich den Beginn des Südtiroler Wegs zwei Wochen später angesetzt, da dies der ungefähre Zeitpunkt ist, ab dem die Folgen der geänderten Maßnahmen statistisch ablesbar sein sollten.
  • Die Zentralregierung will den Südtiroler Grünpass nicht etwa aus inhaltlichen Gründen (Infektionschutz, Datenschutz, Ungleichbehandlung o. ä.) anfechten, sondern schlicht, weil das Ausscheren nicht geduldet wird.
  • Auch nur in einzelnen Disziplinen gleich gut wie (oder sogar mal schlechter als) der Zentralstaat zu sein scheint für viele in Südtirol nach wie vor inakzeptabel zu sein. Entweder wir sind in allem Weltklasse oder wir haben uns unterzuordnen. Wir sollten aber akzeptieren lernen, dass die Autonomie genauso gute oder schlechte Ergebnisse ermöglicht und dass dies noch lange keine Katastrophe sein muss.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01



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Comentârs

8 responses to “Coronaopfer und der Südtiroler Weg.”

  1. Domprobst avatar
    Domprobst

    Ich persönlich würde Herrn von Wohlgemuth keine Aufmerksamkeit schenken bzw. ihm keine Plattform geben. Er ist ein Wichtigtuer, der zu jedem Thema seinen Senf dazugibt, immer schön medienwirksam und immer schön darauf bedacht in naher Zukunft einen Sessel im Landtag zu wärmen.
    Davon haben wir schon genug, die Parteizugehörigkeit ist dabei Nebensache.

    1. Harald Knoflach avatar
      Harald Knoflach

      Ich bin zwar nicht immer mit Wohlgemuth einer Meinung (eigentlich ziemlich oft sogar), aber seine Diskussionsbeiträge sind meist unaufgeregt und um Sachlichkeit bemüht. Er argumentiert und differenziert. Eine Diskussionskultur, wie er sie an den Tag legt, würde ich mir von mehr Leuten wünschen.

      1. Simon avatar

        Schließe mich an.

      2. Domprobst avatar
        Domprobst

        Er wird es euch sein Leben lang durch den Bezug von satten Gehältern und Pensionen danken. Das sollte man stets im voraus bedenken, ob das die Diskussionskultur wohl wert ist?

      3. Harald Knoflach avatar
        Harald Knoflach

        Zu guter Diskussionskultur gehört auch, dass man andere nicht verunglimpft (z. B. Wichtigtuer, Unterstellungen usw.) und nicht ad personam argumentiert. Ein weiterer Unterschied zwischen dir und von Wohlgemuth.
        Wie gesagt – ich bin oft anderer Meinung als er, aber er diskutiert respektvoll mit Andersdenkenden und untermauert seinen Standpunkt mit sachlichen Argumenten. Genau das ist es, was wir brauchen in einer Zeit, in der sehr viele Apodikten und Faktenfremde unterwegs sind, die noch dazu laut und ohne Unterlass ihre Meinung rausbrüllen.

      4. Domprobst avatar
        Domprobst

        Unterschiede zu vW zu besitzen, empfinde ich als “medaglia d’onore”. Jemanden, der sich selbst als Patriot in den Medien bezeichnen muss (https://www.tageszeitung.it/2019/12/15/ich-bin-ein-patriot/), als “Untermauerer seines Standpunkts mit sachlichen Argumenten” zu bezeichnen, finde ich einigermaßen lächerlich. Lächerlich ist auch, wie vW – in bester Politikermanier – der TZ erklärt, dass seine Vorfahren gegen Napoleon gekämpft haben; was hat das mit dem Heute zu tun bzw. was nutzt das dem Südtiroler heute?
        Ihr bezeichnet euch selbst ja als “linksgrünversifft”, da wird die Hochachtung gegenüber Exponenten der Grünen schon zur Grundausstattung gehören. Ich hingegen bewerte (öffentliche) Personen gerne an deren Taten, daraufhin die sachliche Frage:
        Was-hat-Herr vW-bis-jetzt-politisch-geleistet-bzw.-was-ist-ihm-politisch-zuzutrauen? Meine Antwort ist bekannt und wird durch das sachliche Argument untermauert, dass ich Menschen, die zu jedem Thema eine (Experten)Meinung haben, nicht traue, vor allem nicht, wenn sie – offensichtlich – ein politisches Mandat innerhalb einer mir äußerst fragwürdigen Bewegung/Partei anstreben. Den Mehrwert, den die Grünen in ST zu bringen imstande sind, erkenne ich nicht – außer, dass sich ein paar Lehrer durch akademisches Pseudo-Gequatsche besser fühlen.
        Aber ihr werdet mit Sicherheit eine Antwort darauf finden, vielleicht sogar durch Statistiken untermauert…

      5. Simon avatar

        Er wird es euch sein Leben lang durch den Bezug von satten Gehältern und Pensionen danken.

        Also sind Landtagsabgeordnete grundsätzlich chancenlos bei dir, verstehe ich das richtig?

        (Ich bin übrigens der Meinung, dass Gehälter und auch Parteienfinanzierung wichtig sind, damit eine Demokratie funktionieren kann. Über die Höhe lässt sich natürlich diskutieren.)

      6. Domprobst avatar
        Domprobst

        Bitte immer schön sachlich bleiben, dort steht ER. Selbstverständlich sind Landtagsabgeordnete notwendig und alles andere als chancenlos, ich persönlich würde für ein von Steuern bereinigtes Nettogehalt von nicht unter 20.000€ pro Monat (x12) plädieren, dafür aber keine Rentenansprüche und eine begrenzte Legislatur von 8-10 Jahren (entweder 4×2 oder 5×2), ein wenig dem Schweizer Modell entsprechend. Hohe Gehälter, bedingt durch hohe Parteiabgaben haben mit einem funktionierenden demokratischen System ziemlich wenig zu tun, aber dies würde hier zu weit führen.
        Viel wichtiger als das Gehalt jedoch sind die Qualitäten des Abgeordneten. Die Kernfrage ist, ob diese(r) in seinem Leben je einem Beruf nachgegangen ist bzw. die Realisierung von Projekten vorweisen kann. Ich persönlich würde mir etliche Naturwissenschaftler oder Leute aus technischen Berufen in politischen Führungspositionen wünschen, da diese verstehen wie aus quasi nichts etwas entstehen kann.
        Besonders kritisch sehe ich die Masse der Juristen in der Politik, da Juristen einem ganz einfachen Denkmuster folgen. Je komplizierter etwas nämlich ist, desto besser ist es für den Juristen. Steuerberater ticken übrigens genau gleich. Deshalb wird der Jurist immer das tun, was er am Besten kann, nämlich eine Unmenge von Gesetzen produzieren, ohne je etwas zu schaffen, zu erbauen; er erschafft somit das Chaos (siehe ITA). Denn ein Jurist hat am Ende seiner Karriere nur sein Freiberuflergehalt verdient, aber weder ein Haus von A-Z gebaut, ein Unternehmen aufgebaut oder eine Idee realisiert (siehe Entfremdungsthematik bei Marx).
        Sobald die Juristen von den Grünen kommen, sinkt in meinen Augen der Mehrwert für die Bevölkerung nochmals. Abseits der Erhöhung der Diskussionskultur, das in einem ländlichen Gebiet wie ST ganz nett ist, aber ohne Wirkung, was haben die Grünen je bewegt? Gar nichts.
        Und sie werden auch in Zukunft nichts bewegen, denn am Bsp. D sieht man, dass eine jahrzehntelange Auseinandersetzung gegen die Kernkraft, zwischen Fundis und Realos, manchmal mit-, manchmal gegeneinander, am Ende rein gar nichts gebracht hat. Man hat diskutiert und diskutiert. Nur der GAU in Fukushima und die absurde Förderpolitik der EU haben Frau Merkel zur radikalen Umkehr bewogen, nachdem sie Wochen davor noch von einer “Zukunft der Kernkraft” geschwärmt hat. Also, Grün, ist vermehrt heiße Luft…

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