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Impfrate ›zum Schämen‹ — aber falsch.

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In seinem heutigen Dolomiten-Leitartikel schreibt Chefredakteur Toni Ebner unter anderem:

Wer hat die niedrigste Impfrate in Italien? Nein, nicht Kalabrien, sondern Südtirol!
Das ist zum Schämen.

Wenn alle anderen Regionen Italiens mehr Menschen geimpft haben, liegt das Problem ganz einfach in der Unfähigkeit der Verantwortlichen, die Impfungen zu organisieren.

Nur: Südtirol hat gar nicht die niedrigste Impfrate in Italien und es stimmt auch nicht, dass alle anderen Regionen Italiens mehr Menschen geimpft haben. Warum es nicht stimmt, obwohl es bei einem flüchtigen Blick auf die Statistiken des Gesundheitsministeriums so aussehen könnte, habe ich schon vorgestern erklärt.

Ebner wirft den »Verantwortlichen« Unfähigkeit vor, ist aber offenbar selbst unfähig, seinen Auftrag (nämlich Information) zu erfüllen.

Stand heute hat Südtirol (20.620 Dosen für 530.000 Einwohnerinnen) mehr als doppelt so viel Impfstoff erhalten, wie das Trentino (9.850 Dosen für 540.000 Einwohnerinnen) oder Umbrien (9.835 Dosen für 880.000 Einwohnerinnen). Das Gesundheitsministerium veröffentlicht aber keine Impfrate im Verhältnis zur Bevölkerungszahl, sondern im Verhältnis zu den gelieferten Impfdosen.

Wenn Südtirol zwar gleich viel impft wie andere, aber deutlich mehr Dosen bekommt, sieht es demnach trotzdem so aus, als würde es langsamer impfen. Wie gesagt: Diesen Eindruck kann man haben, wenn man nur einen flüchtigen Blick auf die Daten wirft.

Die Medien hätten eigentlich die Aufgabe, solche Zusammenhänge zu recherchieren — es ist eine sehr einfache Recherche — und die Bevölkerung korrekt zu informieren. Tun sie aber nicht. Im Gegenteil: Sowohl die Dolomiten als auch andere Medien (wie Rai Südtirol und die TAZ) plappern seit Tagen nur die Daten der italienischen Regierung nach und erwecken durch ihre oberflächliche (und falsche!) Betrachtung den Eindruck, »alle anderen Regionen Italiens [hätten] mehr Menschen geimpft« als Südtirol.

So deutlich zeigt sich Desinformation nicht oft. Was wir hier geboten bekommen, ist aber äußerst ernüchternd. Im Grunde wird klar, dass eine Regierung — wenn sie manipulieren will — Nachrichten nach belieben aufbereiten kann und sich niemand die Mühe macht, auch nur ein wenig an der Oberfläche zu kratzen.

Dabei unterstelle ich dem römischen Gesundheitsministerium im konkreten Fall weder böse Absichten, noch dass die Daten in irgendeiner Weise gefälscht wären. Die Tatsache, dass die »Impfrate« nicht in Bezug auf die Bevölkerungszahl, sondern im Verhältnis zu den Dosen berechnet wird, ist höchstens sonderbar und wenig aussagekräftig.

Es sind die Medien, die diese Daten hernehmen, oberflächlich interpretieren und zur Grundlage für falsche Informationen machen.

Cëla enghe: 01 || 01 02 03 04 05



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Comentârs

7 responses to “Impfrate ›zum Schämen‹ — aber falsch.”

  1. G.P. avatar
    G.P.

    Ganz richtig erkannt. Die Medienwelt – nicht nur in Südtirol, aber ganz besonders auch dort – ist ein Desaster, was “richtige” Recherche und Information betrifft.
    Damit bin ich aber nicht ganz einverstanden: “So deutlich zeigt sich Desinformation nicht oft.” Doch, Desinformation durch oberflächliche Recherche und Null Hinterfragen zeigt sich in erschreckendem Maße sehr oft.

  2. Simon avatar

    Heutiger Haupttitel der TAZ übrigens:

    Die Impf-Misere

    Südtirol ist beim Impfen die langsamste Provinz Italiens

  3. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Ich hoffe doch sehr, dass “die Medien” in Südtirol auch die Seite BBD als eine der am besten dokumentierten Informationsquellen in Südtirol ab und zu einmal konsultieren. Wenn sie dann dennoch, gegen besseres Wissen, Unsinn verbreiten, dann ist das nicht darauf zurückzuführen, dass sie
    “oberflächlich interpretieren”!, sondern dass sie absichtlich falsch informieren.

    1. G.P. avatar
      G.P.

      Es gibt dafür noch eine Möglichkeit, und die ist nicht zu unterschätzen. Es fehlt das Leseverständnis. Ein großes Problem in der heutigen Zeit.

    2. Walter Kircher avatar
      Walter Kircher

      fundierte Stellungnahmen interessieren offenbar zuwenig oder gar nicht!
      Man betrachte den unzivilisierten Zustand der Amtlichen Ortsnamen …

  4. E.Huber avatar
    E.Huber

    Haben die Medien früher für Ihre Recherchen echt Geld investieren müssen,
    bekommen sie für die COV-Berichterstattung im Voraus zigTausend €.
    Dazu gibt es eine Liste, wieviel- wer bekommen hat.
    Was erwartent uns dann welche seriöse “Nachrichten, Zahlen”?

    1. Simon avatar

      Bitte auch hier in den Kommentaren keine Falschinformationen oder nicht belegbaren Behauptungen. Können Sie uns zeigen, wo man die von Ihnen genannte Liste abrufen kann?

Scrì na resposta

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