Grundsätzlich ist aus sozialwissenschaftlichen Studien – unter anderem von meiner Kollegin Katharina Paul – bekannt, dass eine Impfpflicht durchaus auch kontraproduktive Effekte haben kann. Eine Impfpflicht ist bei eingefleischten Impfgegnern ohnehin wirkungslos. Doch auch bei Menschen, die sich überzeugen lassen würden, löst eine Impfpflicht oft eine Gegenreaktion aus. Wichtig ist es, die Impfungen sehr niederschwellig und kostengünstig anzubieten, wie sich zuletzt bei der Grippeimpfung in Wien gezeigt hat. Zudem wissen wir aus Untersuchungen, dass nicht nur Aufklärung, sondern auch Dialog wichtig ist.
Dialog bedeutet aus meiner Sicht, gegenüber den Gedanken, Sorgen und Hoffnungen der Menschen offen zu sein. Und es gibt derzeit viele Dinge rund um die Impfungen, die wir und auch die Fachleute noch nicht wissen, also etwa: wie lange der Schutz anhält, wie sich die Impfungen tatsächlich auf das Infektionsgeschehen auswirken oder ob es langfristige Nebenwirkungen geben könnte. Für solche Dialoge muss man auch die nötigen Räume bereitstellen.
Barbara Preinsack, Mitglied der österreichischen Bioethikkommission und der European Group on Ethics and New Technologies, zu einer möglichen Corona-Impfpflicht heute im Standard-Interview
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