Die Black-Lives-Matter-Bewegung trägt weltweit dazu bei, dass koloniales Erbe auf den Prüfstand kommt. Statuen und Monumente im öffentlichen Raum werden hinterfragt. In mehreren Ländern wurden bereits offiziell Maßnahmen ergriffen, um Gut, das aus ehemaligen Kolonien stammt, zu erfassen und zumindest teilweise an die rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.
Viele Staaten tun sich mit dem Umgang mit ihrer Kolonialgeschichte sehr schwer, doch wohl kein anderes schafft es, wie Italien, ausgerechnet in dieser historischen Phase ein Kolonialmuseum wiederzubeleben, das vor einem halben Jahrhundert »endgültig« geschlossen wurde.
Ursprünglich war das Museo Coloniale 1923 persönlich vom faschistischen Diktator Benito Mussolini eröffnet worden, der von einem glorreichen Imperium nicht nur träumte, sondern es — mit brutaler Gewalt und ohne Rücksicht auf das Völkerrecht — auch umsetzen wollte.
Der Grundstock des Museumsinventars stammte zunächst von unterschiedlichen Wanderausstellungen, die nicht selten auch als Menschenzoos ausgelegt waren. Sie sollten bei den Besucherinnen nicht sosehr einen Erkenntnisgewinn, sondern vor allem ein Überlegenheitsgefühl hervorrufen.
Schon 14 Jahre nach seiner Eröffnung musste das Museum 1937 vorläufig geschlossen werden, weil die Faschisten in Afrika derart viele Gegenstände erplündert hatten, dass eine Inventur und Neuausrichtung nötig erschien.
Die Wiedereröffnung ließ bis 1947 auf sich warten, als Italien bereits eine Republik war und fast alle seine Kolonien verloren hatte. Die Kollektion umfasste damals schon rund 12.000 größtenteils in Afrika gestohlene Objekte. Erst 1971 wurde das Museo Coloniale oder Museo dell’Africa Italiana endgültig geschlossen.
Doch nun soll es zwischen 2020 und 2021 im Rahmen des staatlichen Museo delle Civiltà (MuCiv) in Rom als Museo Italo Africano wiedereröffnet werden. Gewidmet ist es nun der Journalistin Ilaria Alpi. Aus der direkten Kontinuität mit dem einstigen Museo Coloniale macht MuCiv keinen Hehl.
Ausschnitt Webauftritt des MuCiv
Freilich soll die Gestaltung »kritisch« sein und die Rolle Italiens in Afrika hinterfragen. Doch allein die Tatsache, dass ein derartiges Museum im 21. Jahrhundert nicht als Aufarbeitungsstätte ohne Raubgut, sondern mit den alten Ausstellungsstücken des Kolonialmuseums wieder in Betrieb genommen wird, konterkariert jegliche Bemühung ganz grundsätzlich. Es findet nicht nur keine Rückgabe, sondern eine weitere — wenngleich humanere — Inbesitznahme statt.
MuCiv-Direktor Filippo Maria Gambari glaubt sogar, die Ausstellung könnte Migrantinnen die Gelegenheit bieten, »mit ihrer Kultur in Berührung zu kommen«. Eine an Paternalismus und Überheblichkeit wohl nur schwer zu übertreffende Ansicht.
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