In Katalonien geht es derzeit wieder einmal Schlag auf Schlag: Nach dem Erfolg der selbstverwalteten Unabhängigkeitsreferenda wurden kürzlich zwei Volksinitiativen beim katalanischen Parlament hinterlegt, mit denen die Durchführung einer bindenden Volksbefragung über die Loslösung von Spanien beantragt wird. Erst Anfang des laufenden Jahres hatte sich Katalonien das Gesetz zur direkten Demokratie gegeben, auf welches sich die Initiativen jetzt berufen.
Heute hatte die zuständige Kommission des katalanischen Parlaments über die Zulässigkeit der Volksinitiativen zu befinden. Während eine davon abgelehnt wurde, da die Selbstbestimmung derzeit nicht in die Zuständigkeiten Kataloniens falle, wurde der zweiten stattgegeben. Die Fragestellung der Initiative, welche unter anderen vom Cercle d’Estudis Sobiranistes (CES) unterstützt wird, wurde so formuliert, dass sie eine Kompetenzüberschreitung a priori ausschließt. Die Bürger sollen per Referendum darüber befinden, ob sie damit einverstanden sind, dass das katalanische Parlament alle ihm zustehenden Initiativen ergreift, um den Wählerwillen umzusetzen, Katalonien in einen unabhängigen, demokratischen und sozialen Rechtsstaat innerhalb der Europäischen Union zu verwandeln. Diese Formulierung klingt ganz nach einem Kolumbus-Ei; einmal mehr geben sich die Katalanen nicht damit zufrieden, dass etwas unmöglich erscheint, und versuchen auch mittels juristischer Spitzfindigkeiten, ihrem Willen einen Weg zu bahnen.
Mit einer ähnlichen Formulierung wäre es vermutlich auch in Südtirol möglich, schon jetzt ein »Unabhängigkeitsreferendum« durchzuführen — so es nicht als verfassungsfeindlich (nicht zu verwechseln mit: verfassungswidrig) eingestuft würde.
Im katalanischen Parlament stimmten die Zentrumspartei CiU, die linke ERC sowie die Grünen (ICV) für die Legitimität der Initiative. ICV sprach von einem »legalen und legitimen« Vorstoß. Die Sozialisten und die rechtskonservative Volkspartei lehnten den Antrag ab.
Streng genommen handelt es sich bei der Volksabstimmung freilich nicht um ein vollwertiges, sofort bindendes Unabhängigkeitsreferendum. Im Falle einer Zustimmung wäre das katalanische Parlament jedoch dazu gezwungen, entsprechende Verhandlungen mit dem Zentralstaat aufzunehmen. Darüber hinaus wäre aber vor allem die politische Signalwirkung enorm; es wäre demokratisch problematisch, ein gegebenenfalls eindeutiges Votum für die Loslösung von Spanien einfach zu übergehen.
Nachdem die Volksinitiative die erste Hürde genommen hat, haben die Promotoren bis zu acht Monate Zeit, die Unterschriften von mindestens 3% der Stimmberechtigten zu sammeln. Es gibt verschiedene Ansichten darüber, ob Spanien die Durchführung der Abstimmung tatsächlich zulassen wird. Wichtige Verfassungsrechtler sowie ein Rechtsgutachten des CES bestätigen aber, dass die legalen Voraussetzungen dafür bestehen.
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