Ein Südtirolfreund und — ehemaliger? — Berater des italienischen Gesundheitsministeriums hat gestern auf seinem Twitter-Profil den Auszug (Video) einer Rede des 5S-Senators Giovanni Endrizzi aus Agordo gepostet, den ich hier wiedergebe:
La tutela delle minoranze linguistiche in Italia va giustamente in difesa dei cittadini di lingua tedesca. Ma in Trentino-Alto Adige le minoranze linguistiche da tutelare sono due: l’italiano [sic] e il ladino [sic]. Chiediamo quindi che sul territorio italiano, dal Brennero a Lampedusa, l’accesso alle informazioni, tantopiù se riferite ad atti rilevanti come l’andamento scolastico di un figlio o le condizioni di salute di un famigliare, debbano essere garantite sempre anche in lingua italiana… fermo restando sicuramente la tutela del bilinguismo come recita la nostra costituzione.
Transkription:
Der Schutz von Sprachminderheiten in Italien geht richtigerweise zugunsten der deutschsprachigen Bürger. Doch in Trentino-Südtirol sind die zu schützenden Minderheiten zwei: die italienische und die ladinische. Wir fordern also, dass auf dem italienischen [Staats-]Gebiet, vom Brenner bis Lampedusa, der Zugang zu Informationen, umso mehr, wenn sie sich auf relevante Akte wie den schulischen Werdegang eines Sohnes oder den Gesundheitszustand eines Familienangehörigen beziehen, stets auch in italienischer Sprache zugesichert werden müssen. Dies natürlich unter Einhaltung des Schutzes der Zweisprachigkeit, wie unsere Verfassung es vorsieht.
Übersetzung:
Nun liegt diese Rede zwar schon etwas zurück (sie ist, wie ich inzwischen herausgefunden habe, vom 19.09.2017), doch Endrizzi sitzt nach wie vor im Senat und ist sogar Mitglied des ständigen Ausschusses Nr. 12 für Hygiene und Gesundheit.
Folgendes sei angemerkt:
- Der Senator scheint keine Ahnung zu haben, was eine zu schützende Sprachminderheit nach gängiger Definition ist.
- Ebensowenig scheint der Senator zu wissen, dass die Deutschsprachigen im von ihm genannten Trentino-Südtirol nicht einmal zahlenmäßig eine Mehrheit darstellen. Dies trifft bekanntlich nur aufs nördliche Teilgebiet (Südtirol) zu.
- Laut Endrizzi bedarf die deutsche Sprachgruppe (numerische Mehrheit in Südtirol) hierzulande keines Schutzes. Einsprachig italienische Packungsbeilagen von Medikamenten, einsprachig italienische Produktetiketten oder der Kammerausschluss eines Arztes, der nicht ausreichend Italienisch beherrscht (während fehlende Deutschkenntnisse kein Problem darstellen), sind wohl Indizien für die zu brechenden Privilegien der deutschen Sprache in Südtirol.
- Dafür fordert er, dass auch Schulen mit deutscher Unterrichtssprache dazu verpflichtet werden, Eltern über den schulischen Werdegang ihrer Kinder in italienischer Sprache zu informieren. Mit dem chauvinistischen, gleichmacherischen Hinweis auf »Italien vom Brenner bis Lampedusa« schafft er auch gleich die Rechtfertigung dafür, dass ähnliches (mit umgekehrten Vorzeichen) nicht auch für die italienische Schule in Südtirol zu gelten hätte. Es gibt ja dann nur eine lingua nazionale, die von Nord bis Süd vorzuherrschen hat.
- Das andere Recht, das Endrizzi fordert, nämlich jenes auf Zugang zur Information über den Gesundheitszustand eines Familienangehörigen in italienischer Sprache, existiert bereits. Sollte es im Einzelfall missachtet worden sein, gibt es Stellen, an die man eine Beschwerde richten kann.
- Warum der Senator, der neben den Italienerinnen auch die Ladinerinnen zu den schutzbedürftigen Minderheiten zählt, dann doch nur die italienische Sprache im Sinn zu haben scheint, ist mir schleierhaft. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Mir bleibt nur erneut festzustellen, dass Endrizzi zur derzeitigen — angeblich »progressiven« — Regierungsmehrheit in Rom gehört, der die SVP nach Ansicht vieler Südtirolerinnen das Vertrauen hätte aussprechen müssen.
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