Ein weiterer entschiedener Schritt in Richtung Berlusconidiktatur oder Korruptionsfaschismus steht uns schon bald ins Haus: Die Verabschiedung eines neuen Maulkorbgesetzes, das Abhörungen drastisch einschränken, die Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaften behindern und investigativen Journalismus unter Strafe stellen soll. Die Meinungs- und die Pressefreiheit werden mit Füßen getreten, Italien droht ein weiterer Abstieg in der einschlägigen Rangliste von Reporter ohne Grenzen — die dem Land schon heute den schlechtesten Wert aller westlichen Demokratien bescheinigt.
Die deutsche TAZ fasst anschaulich zusammen, welch desaströse Folgen der Maulkorberlass konkret hätte:
Abhören dürfen die Ermittler nur noch für die Dauer von 60 Tagen; wenn die Verbrecher ausgerechnet dann einen Mord verabreden, ist das Pech für ihre Verfolger: Sie müssen ihre Apparate abschalten. Und sie dürfen das Mitgehörte auch nur noch für die im Abhörbeschluss genannten Verbrechen nutzen: Wenn ein Dealer statt über Rauschgiftgeschäfte über die Liquidierung eines Konkurrenten redet, darf das nicht gegen ihn verwandt werden. Am besten haben es Kriminelle, wenn sie mit Politikern telefonieren – denn diese Gespräche sind für die Staatsanwaltschaft bloß nutzbar, wenn das Parlament die Abhörung des Politikers genehmigt.
Erst recht verboten werden sollen private Abhörmaßnahmen: Das Opfer einer Erpressung, das den Täter mit einem Mitschnitt überführen will, riskiert nun selbst die Anklage – außer der Erpresser verrät sich im Gespräch. Denn wenn ein Mitschnitt nicht den Beweis einer Straftat liefert, wird er selbst zur Straftat. Ganz Italien dachte auch bei dieser Norm ganz unwillkürlich an Berlusconi: Er hatte letzten Sommer erst hartnäckig die Bekanntschaft mit dem Callgirl Patrizia D’Addario geleugnet — musste dann aber zurückrudern. Die D’Addario hatte das Tonband mitlaufen lassen, während sie mit Silvio im Bett lag. Mit dem jetzt dem Senat vorliegenden Gesetz käme sie dafür in den Knast.
Und Knast droht bald auch den Journalisten, die so etwas veröffentlichen. Wer immer während eines Ermittlungsverfahrens aus Abhörprotokollen zitiert, bevor der Strafprozess eröffnet wird, wer immer auch nur den Sinn des Gesagten wiedergibt oder private Mitschnitte publiziert wird mit zwei Monaten Haft, mit Geldstrafen und zusätzlich mit einem Berufsverbot bedroht. Den Zeitungsverlegern dagegen drohen für jeden Artikel, der solche Indiskretionen enthält, Geldbußen von bis zu 500.000 Euro — für viele Zeitungen wird journalistischer Mut der schnell zu wirtschaftlichen Existenzfrage.
Vom Rechtsstaat können wir uns damit endgültig verabschieden.
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