Schnals
Zum äußerst schrecklichen und schweren Rodelunfall am Ritten und der medial aufgeworfenen Problematik des einsprachigen Schildes mit dem Rodelverbot einige Feststellungen und Thesen:
- Die Mehrsprachigkeits- und die Sicherheitsthematik überlappen sich zwar, sind aber keineswegs deckungsgleich. Weder im Allgemeinen und schon gar nicht im Speziellen.
- Wir fordern seit Jahren Mehrsprachigkeit auch in Skigebieten: im Sinne des Respekts, der Gleichberechtigung und des Minderheitenschutzes.
- Es sollte aber (wie in zahlreichen mehrsprachigen Ländern und Minderheitengebieten Europas) auch Freiraum für Einsprachigkeit im Sinn der affirmative action geben. In Aosta ist es möglich, einsprachig französische Schilder anzubringen — und was in Aosta recht ist, sollte hierzulande billig sein.
- Vollständige, perfekte Zwei-/Dreisprachigkeit existiert ohnehin nicht: in jedem mehrsprachigen Gebiet wird es trotz größter Sorgfalt immer zumindest kleinere Ungenauigkeiten geben. Und wie das in den Medien erschienene Bild zeigt, ist die Einsprachigkeit am Ritten keineswegs systematisch.
- Möchte man möglichst sicherstellen, dass in einer Sprache — hier zum Beispiel auf Italienisch — wirklich alle Informationen vorhanden sind, müsste man wohl den Weg der 1920er und ’30er Jahre einschlagen. Auch der war aber letztendlich nicht erfolgreich.
- Trotz alledem sollte besonders im sicherheitsrelevanten Bereich auf möglichst lückenlose Zwei-/Dreisprachigkeit geachtet werden. Wobei in diesem speziellen Fall auch eindeutige Piktogramme vorhanden waren, die auf das Rodelverbot aufmerksam machen.
- Erste These: Der mediale Aufschrei wäre so gut wie inexistent, nicht nur wenn das Rodelverbot (in Anwesenheit der Piktogramme) einsprachig italienisch, sondern auch wenn es einsprachig englisch gewesen wäre.
- Zweite These: Problematisch ist für die Medien nicht sosehr, welche Sprache fehlt, sondern welche allein dasteht.
- Dritte These: Es geht den Empörten (demnach) weniger um Sicherheit, als vielmehr um — ja — Nationalismus. Das ist Leichenfledderei.
Das Gleiche, was für die Mehrsprachigkeit gilt, gilt im Übrigen für die Sicherheit: Es gibt sie nicht zu hundert Prozent. Das hier geltende Rechtssystem tendiert — wie ich zumindest im Baurecht beobachte — in Richtung einer illusorischen, nicht zu gewährleistenden Überbehütung und stellt die Eigenverantwortlichkeit hintan. Ich bin zum Beispiel gar nicht der Meinung, dass eine schwarze Skipiste noch zusätzlich mit einem Rodelverbot gekennzeichnet werden muss.
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