Heute gibts mal wieder eine — wie man so schön sagt — Geschichte aus dem echten Leben. Ich habe kürzlich ein Pärchen (er EU-Bürger, sie nicht) kennengelernt, das seit wenigen Jahren in Südtirol lebt und arbeitet. Beide hatten eine zeitlang in Deutschland gelebt, wo sie auch geheiratet haben, bevor zuerst er (selten genug: aufgrund eines interessanten Jobangebots) hierher gezogen ist. Seine Frau hatte noch eine Kündigungsfrist einzuhalten und ist dann nachgezogen.
Nun haben sie mir erzählt, dass sie bei der Anmeldung in Südtirol auf einige sprachliche Schwierigkeiten gestoßen sind. Erstens bei der Staatspolizei, wo beim ersten Termin niemand Deutsch und auch niemand ausreichend Englisch verstanden hat, um den Vorgang abzuwickeln. Beim zweiten Versuch hatten sie sich jemanden zum Übersetzen mitgenommen, doch dann war plötzlich doch ein Beamter da, der der deutschen Sprache mächtig war.
Und zweitens in ihrer neuen Eisacktaler Heimatgemeinde, wo beim Nachzug der Frau (übrigens nicht ‘Maria’) allen Ernstes verlangt wurde, dass ihre deutsche Heiratsurkunde ins Italienische übersetzt und vom zuständigen Konsulat in Mailand beglaubigt wird. Das bedeutet — wie sie mir erklärt haben — neben den Übersetzungskosten noch Beglaubigungsgebühren sowie zwei Fahrten in die Lombardei, da das nicht an einem Tag (und auch nicht per Post) möglich ist.
Erst als sich herausstellte, dass der Mann EU-Bürger ist, löste sich das Problem in Luft auf und die deutsche Heiratsurkunde — genau dieselbe, die man sonst hätte übersetzen und beglaubigen lassen müssen! — war plötzlich völlig ausreichend. Warum das so war und ist, konnte mir das Paar nicht sagen, sie waren einfach froh, dass das für sie nochmal glimpflich ausgegangen ist. Nicht jedoch ohne (mir gegenüber) zu bemerken, dass sie die amtliche Zweisprachigkeit in Südtirol für eine Farce halten. Diese Einschätzung habe selbst ich, dem die groben Mängel mehr als bewusst sind, zurückgewiesen — doch das war der Eindruck, der bei ihnen entstanden ist.
Der Vorfall zeigt aber auch, wie Zugewanderte hierzulande sprachlich noch mehr schikaniert und benachteiligt werden, als Südtirolerinnen. Den genauen Grund für die skandalöse Ungleichbehandlung von EU- und Nicht-EU-Bürgerinnen in diesem konkreten Fall kenne auch ich nicht. Doch ich möchte in diesem Zusammenhang auf den Versuch des italienischen Kassationsgerichts erinnern, Deutsch bei Gericht in Südtirol ausschließlich Südtirolerinnen (mit italienischer Staatsbürgerinnenschaft) vorzubehalten und somit die deutsche Sprache — dem Gleichstellungsgrundsatz von Artikel 99 des Autonomiestatuts zum Trotz — weiter zu marginalisieren. Erst der Europäische Gerichtshof widersprach dem römischen Urteil und öffnete die Wahl zwischen einem Verfahren in italienischer und einem in deutscher Sprache für alle EU-Bürgerinnen. Auch diesbezüglich sollten wir uns aber vor Augen halten, dass die immer zahlreicheren Nicht-EU-Bürgerinnen — selbst wenn sie es möchten, weil sie zum Beispiel besser Deutsch als Italienisch sprechen — nach wie vor kein Recht haben, zwischen den beiden gleichgestellten Amtssprachen zu wählen.
Ähnlich dürfte es sich wohl auch bei der Anerkennung einer Heiratsurkunde verhalten — wenn eben nicht mindestens ein Partner die Staatsbürgerinnenschaft eines EU-Landes hat.
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