Zahlreiche Kommentatorinnen lehnen den Anarchismus als utopisch, formlos, primitiv oder anderswie mit der Realität einer komplexen Gesellschaft inkompatibel ab. Man könnte jedoch auch anders argumentieren: dass unsere Sorge zu jedem Zeitpunkt der Geschichte jene sein muss, die Formen von Autorität und Unterdrückung aufzulösen, die seit einer Zeit überlebt haben, in der sie aus Gründen der Sicherheit, des Überlebens oder der wirtschaftlichen Entwicklung gerechtfertigt gewesen sein mögen, die aber nun zu materiellen und kulturellen Mängeln beitragen, anstatt sie zu mildern.
Anarchie als eine Sozialphilosophie hat niemals »Chaos« bedeutet — tatsächlich haben Anarchistinnen typischerweise an eine hoch organisierte Gesellschaft geglaubt, bloß an eine, die demokratisch von unten organisiert ist.
Das Grundprinzip, das ich den Menschen mitteilen möchte, ist die Idee, dass jede Form von Autorität und Herrschaft und Hierarchie, jede autoritäre Struktur, beweisen muss, dass sie gerechtfertigt ist — denn sie hat nicht a priori eine Rechtfertigung.
Und wenn sie nicht gerechtfertigt werden kann, ist sie nicht legitim und sollte aufgelöst werden. Um die Wahrheit zu sagen, halte ich Anarchismus für nicht viel mehr als das. Soweit ich das sehe, ist das nur die Auffassung, dass die Leute das Recht haben, frei zu sein, und wenn es diesbezügliche Beschränkungen gibt, müssen sie gerechtfertigt sein.
Aus: Noam Chomsky, On Anarchism, Penguin Books, 2014 (S. 2, 28, 32 f.)
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