Der Südtiroler Landtag hat heute mit 22 zu 8 Stimmen den Beschlussantrag der STF versenkt, mit dem unter anderem die Umwandlung von Rai Südtirol in eine von der Rai unabhängige, öffentlich-rechtliche Sendeanstalt gefordert wurde. Die sogenannte »Vollautonomie« der SVP umfasst also — wie so vieles andere — auch den öffentlichen Rundfunk nicht.
Postfaschist Alessandro Urzì (FdI/AAnC) und Riccardo Dello Sbarba (Grüne) gaben an, mit ihrer Gegenstimme unter anderem die Unabhängigkeit, die Trennung von öffentlich-rechtlichem Rundfunk und Politik, bewahren zu wollen — als wäre die Rai nicht eine der wohl politisiertesten Sendeanstalten Europas*.
Dello Sbarba behauptete ferner, ein Landessender sei nicht finanzierbar. Das ist sonderbar, wo Staaten, die ähnlich klein sind wie (das reiche) Südtirol neben allen erforderlichen »Staatsstrukturen« auch einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk finanzieren können. Zum Beispiel:
- Ràdio i Televisió d’Andorra (77.000 Einwohnerinnen) verfügt über einen Fernseh- und einen Radiosender.
- Die isländische RÚV produziert für die 348.000 Einwohnerinnen der Insel ein TV- und zwei Radioprogramme.
- San Marino (33.000 Einwohnerinnen) betreibt mit Rtv einen Fernseh- und zwei Radiosender. Rtv gehört je zur Hälfte der staatseigenen ERAS und der Rai.
- Mit pbs verfügt Malta (450.000 Einwohnerinnen) über zwei TV- und drei Radiokanäle.
- Zypern (850.000 Einwohnerinnen) betreibt über CyBC drei Fernseh- und vier Radioprogramme.
Darüberhinaus haben auch zahlreiche autonome Gebiete und Sprachgemeinschaften eigene (und vollwertige) öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten:
- Das Baskenland (2,2 Mio. Einwohnerinnen) leistet sich mit EITB eine Sendeanstalt mit sechs Fernseh- und fünf Radiosendern.
- Die italienische Schweiz (350.000 Einwohnerinnen) verfügt mit RTSI über zwei Fernseh- und drei Radioprogramme.
- Die Finnlandschwedinnen (290.000) haben einen Fernseh- (yle Fem) und zwei Radiosender (yle X3M und Vega).
- Die Färöer (50.000 Einwohnerinnen) verfügen mit Kringvarp Føroya über eine eigene gebührenfinanzierte Sendeanstalt mit einem TV- und einem Hörfunkprogramm.
- Grönland (56.000 Einwohnerinnen) hat einen Fernseh- und einen Radiokanal (KNR).
- Katalonien (7,5 Mio. Einwohnerinnen) betreibt über die CCMA fünf TV- und vier Radiostationen.
Richtig aufgestellt und organisiert hätte eine eigene öffentlich-rechtliche Südtiroler Sendeanstalt (etwa mit einem vollwertigen Fernsehprogramm und ein-zwei vollwertigen Radiostationen) ein Hort unabhängiger Berichterstattung und guten Journalismus’ werden können. Schade, dass der Landtag vor dieser Perspektive vorauseilend kapituliert hat.
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*) Seit der sogenannten Gasparri-Reform werden alle Verwaltungsratsmitglieder von Regierung und Parlament ernannt.
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