Die beiden neugeschaffenen EU-Spitzenposten des Ratspräsidenten und der »Außenministerin« waren als Beitrag gedacht, die Union zu stärken und ihr — nach innen und nach außen — ein Gesicht zu verleihen. Nun haben die Nationalstaaten mit der Ernennung zweier unbekannter und weitgehend uncharismatischer Persönlichkeiten ein klares Zeichen gesetzt.
Sie stellen klar, dass die Macht in den Hauptstädten der Mitgliedsländer liegt und dort auch bleiben soll. Es ist nämlich sehr unwahrscheinlich, dass der ehemalige belgische Ministerpräsident Herman Van Rompuy mit einer starken Agenda eine unabhängige EU-Politik positionieren wird. Er weiß, dass er der kleinste gemeinsame Nenner zwischen den großen und den kleinen EU-Ländern darstellt und nichts mehr. So war denn in seiner Antrittsrede auch sehr viel von den Nationalstaaten und ihrer Unabhängigkeit, und recht wenig von der EU und einer gemeinsamen Vision zu hören. Die neue Außenministerin, Catherine Ashton, Baroness Ashton of Upholland, bislang EU-Handelskommissarin, war von ihrer Ernennung sogar derart überrascht, dass sie erst gar keine Rede parat hatte. Eine Demütigung für das Amt, das auf dem Papier das einflussreichste sein soll, das die EU zu vergeben hat.
Somit ist der Vorfall ein herber Rückschlag nicht nur für die EU-Föderalisten, sondern für den politischen Einigungsprozess insgesamt. Es handelt sich um eine klare Ansage der Nationalstaaten: Die Grenzen sollen nicht überwunden werden, jede Regierung wird auch weiterhin ihr eigenes Süppchen kochen, so weit es geht, und nur so wenig Autorität wie unbedingt nötig an Brüssel abtreten.
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