In den Tagen vor dem Volksentscheid wurden elf Millionen Wahlzettel und Urnen konfisziert. Um dem Zugriff der Polizei zu entgehen, griffen die Katalanen in den letzten Monaten auf konspirative Methoden zurück. Die Unterlagen und die Urnen wurden bis zum Wahltag versteckt, die Zahl der Eingeweihten wurde so gering wie möglich gehalten. Jordí Plens etwa, Beamter der katalanischen Landespolizei Mossos de Escuadra [sic], nahm am Sonntag frei, um als Wahlhelfer einzuspringen. Die Art und Weise, wie er «seine» Wahlurne beschaffte, mutet geradezu abenteuerlich an. Er habe im Morgengrauen eine ältere Frau vor der Kirche San Antón de Padua getroffen. «Brauchst du Blumentöpfe?», fragte sie ihn – Blumentöpfe war das Geheimwort für Urnen. Auf sein Nicken gingen sie um die Ecke, und die Frau öffnete den Rollladen eines unscheinbaren Warenlagers, wo mindestens 30 Urnen lagerten. «Als ich zwei davon in mein Auto hievte, weinte ich fast vor Emotion», gesteht Plens. Der Kampf für die Unabhängigkeit Kataloniens hat Tradition in seiner Familie. Schon seine Eltern trafen sich während der Franco-Zeit mit Gleichgesinnten, Plens fühlt sich daher an seine Kindheitstage erinnert.
Ute Müller, NZZ
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