Fest hatte ich mir vorgenommen, im vierten Jahr meiner Steuererklärung in Südtirol ist doch Italien alles richtig zu machen. Ich bin grandios gescheitert. Es folgt die Tragödie meiner Steuererklärung 2016, die entweder meine eigene Blödheit oder die Hirnrissigkeit eines unvorstellbar bürokratischen Apparates offenbart.
1. Akt
19. Mai 2016 – Büro der Gewerkschaft, Brixen
Auftritt Harald nach einer Stunde Wartezeit.
Ich: Ich würde gerne meine Steuererklärung machen.
Frau: Kein Problem. Machen wir ein Modell (sic!) 730.
Eine dreiviertel Stunde später.
Frau: Ist das ein ausländisches Konto?
Ich: Ja. Ich habe mein Konto bei einer Nordtiroler Bank.
Frau: Das geht nicht mit dem 730er.
Ich: Was machen wir dann?
Frau: Sie brauchen ein Unico.
Ich: Können Sie mir das auch machen, was immer das ist?
Frau: Ja, aber nicht jetzt. Da müssen Sie ab Juli wiederkommen. Eilt nicht. Sie haben bis Ende des Jahres Zeit.
Ich: Mit genau den Unterlagen, die ich jetzt schon mit habe?
Frau: Ja.
Ich: Ok.
Frau: Das macht 60 Euro für das 730er, bitte.
2. Akt
4. Oktober 2016 – Büro der Gewerkschaft, Brixen
Auftritt Harald nach fünf Minuten Wartezeit.
Ich: Ich müsste bitte eine Unico-Erklärung machen. Die EEVE und das Ansuchen um das regionale Familiengeld würd ich auch gleich machen lassen.
Frau: Da sind Sie zu spät. Da wäre gestern der letzte Tag gewesen.
Ich: Mir hat man hier bei der Gewerkschaft im Mai gesagt, dass ich für die Unico-Erklärung bis zum Jahresende Zeit hätte.
Frau: Ja, schon. Aber seit gestern müssen Sie 25 Euro Strafe zahlen.
Ich: Im Ernst?
Frau: Ja, leider.
Nach einer halben Stunde angestrengter Arbeit.
Frau: In Österreich ist das bestimmt nicht so kompliziert, oder?
Ich: Nicht wirklich. Ich hab meine Erklärung immer selbst online gemacht. Dauert zwanzig Minuten und ist gratis. Und um Familiengeld muss man auch nicht ansuchen. Schon gar nicht jährlich. Das geht alles automatisch. Die Verwaltung prüft einfach die Voraussetzungen und zahlt das Geld aus.
Frau: Es ist verrückt. Wollen Sie ein Zuckerle, es wird noch etwas dauern?
Ich: Nein, danke.
Gefühlte tausend Kopien und Ausdrucke später.
Frau: Jetzt haben wir eine Stunde gebraucht. Danach brauche ich einen Kaffee.
Ich: Ich bin ganz entspannt.
Frau: Ok. Das war’s. Hier ihr Unico, ihre EEVE und das Ansuchen um das regionale Familiengeld. Und mit diesen drei Zetteln müssen Sie in eine Bank. Einmal die Strafe von 25 Euro, einmal die Zahlungen für die ausländischen Konten und einmal die Vorauszahlung für das kommende Jahr.
Ich: Irgendeine Bank?
Frau: Ja.
Ich: Und was sind das für Zettel?
Frau: Die sind von der Agentur der Einnahmen. Zwei Rückzahlungen. Damit müssen Sie zur Post und bekommen das Geld. Sie sind der einzige, den ich kenne, der etwas rausbekommt. Normalerweise muss man immer nachzahlen (lacht).
Ich: Ich gehe also zur Post, hole mir die Rückzahlung und gehe damit zur Bank um dieses Geld als Vorauszahlung wieder einzuzahlen?
Frau: Ja. Dann bekomm ich noch zehn Euro für das Unico, bitte.
Ich: Das ist aber kein sehr guter Stundenlohn für Sie. Auf Wiedersehen.
3. Akt
4. Oktober 2016 – Postfiliale Brixen
Nummer F072 wird aufgerufen.
Ich: Können Sie mir bitte diese Steuerrückzahlung auszahlen.
Mann: Die Frist für diese Auszahlung ist gestern abgelaufen.
Ich: Wie abgelaufen?
Mann: Die Frist war der 3. Oktober. Sie müssen zur Agentur der Einnahmen gehen und die Auszahlung neu anfordern.
Ich: Ok. Was soll’s. Der Vormittag ist eh schon futsch.
4. Akt
4. Oktober 2016 – Sparkassenfiliale Brixen
Ich: Ich würde gerne diese Einzahlungen machen.
Harald händigt die drei Zettel aus, die er auf der Gewerkschaft bekommen hat.
Frau: Sind Sie Kunde bei uns?
Ich: Nein.
Frau: Das machen wir nur für Kunden.
Ich: Was soll ich dann tun?
Frau: Gehen Sie einfach zu Ihrer Bank. Die machen das für Sie.
Ich: Ich habe keine Bank in Südtirol.
Frau: Wie?
Ich: Mein Konto ist in Nordtirol. Die werden diese Einzahlungen wohl nicht vornehmen können.
Frau: Ich denke nicht. Dann muss ich Sie halt bei uns anlegen. Haben Sie Ihre Steuernummer und einen Ausweis dabei?
Ich: Hier, bittesehr.
Frau: So. Jetzt sind Sie bei uns registriert. Jetzt können wir das verbuchen. Macht dann 170,67 Euro, bitte.
Harald streckt seine Bankomatkarte über den Schalter.
Frau: Das geht nicht. Sie müssen bar bezahlen.
Ich: Ich habe jetzt nicht so viel Geld. Ich hole welches bei Ihrem Bankomaten im Foyer und bringe es dann hierher.
Frau: In Ordnung
Harald kehrt vom Bankomaten zurück.
Ich: Hier, bittesehr.
Frau: Danke. Bitte diese Bestätigungen gut aufbewahren, sonst könnten Sie Probleme bekommen. Könnte ich vorsichtshalber noch Ihre Telefonnummer haben?
Ich: 349 xxx xxxx
Frau: Danke. Schönen Tag.
Ich: Das wird sich wohl nicht mehr ausgehen heute mit dem schönen Tag.
5. Akt
4. Oktober 2016 – Agentur der Einnahmen, Brixen
Frau: Was hätten Sie gebraucht?
Ich: Könnten Sie mir bitte diese Auszahlungsbescheide erneuern. Die sind abgelaufen.
Frau: Das geht leider nicht. Das wird jetzt übertragen. Sie müssen warten, bis Sie neue Bescheide bekommen.
Ich: Aber die sind doch von Ihnen. Agentur der Einnahmen.
Frau: Ja. Aber das kann nur “Grande Fratello” in Rom.
Ich: Was soll ich dann tun?
Frau: Einfach warten. Oh, die sind gestern abgelaufen. Das kann dann etwas dauern. Aber warum machen Sie das überhaupt über die Post? Warum geben Sie mir nicht einfach Ihre IBAN?
Ich: Geht das auch? AT79 xxx xxx xxx xxx.
Frau: Achso. Das ist eine ausländische IBAN. Das geht dann natürlich nicht. Sie müssen also doch auf die Bescheide per Post warten.
Ich: Ok.
Frau: Sie müssen nur aufpassen, dass Sie die Frist nicht ein zweites Mal versäumen. Denn dann müssten Sie gesondert um Auszahlung ansuchen und das wird kompliziert.
Ich: Was Sie nicht sagen.
Epilog
4. Oktober 2016 – Südtiroler Sanitätsbetrieb, Brixen
Ich: Hier ist meine EEVE. Könnten Sie mir nachschauen, ob meine Kinder Anspruch auf Ticketbefreiung (sic!) haben?
Frau: Ich brauche die Steuererklärung.
Ich: Moment. Hier bitte!
Frau: Was war denn Ihr Bruttofamilieneinkommen 2015?
Ich: Das weiß ich nicht auswendig. Das müsste doch in der Steuererklärung stehen.
Frau: Sie liegen mit Ihrem Einkommen ein paar Hundert Euro über dem Grenzwert. Tut mir leid.
Ich: Vielen Dank. Auf Wiedersehen.
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