Wie von mehreren Medien berichtet, hat Riccardo dello Sbarba (Grüne) während der Sitzung des K33 am Freitag, den 2. September 2016, der auch ich beiwohnte, den Verfassungsgesetzentwurf Nr. 2220 erwähnt. Es war Altlandeshauptmann Luis Durnwalder, der dies aufgriff und durch diese Initiative die Arbeiten des Konvents völlig konterkariert sieht.
Der Ärger des Altlandeshauptmannes ist durchaus nachvollziehbar, wurden die Arbeiten im Konvent der 33 in der Tat nie explizit mit anderen autonomiepolitischen Initiativen koordiniert oder abgesprochen. In puncto Informationsfluss zwischen Landesregierung, Landtag, Südtirols Parlamentariern im römischen Parlament und der Schutzmacht Österreich besteht noch beträchtlich Luft nach oben. So ist es vielleicht auch symptomatisch, dass ein Antrag vom K33-Mitglied Heinold Rottensteiner, die Schutzmacht Österreich verstärkt in den Informationsfluss über die Arbeiten im Konvent einzuknüpfen, vom Präsidium des K33 gar nicht zugelassen wurde.
Andererseits ist es allseits bekannt, dass der Inhalt des aktuellen Konvent-Eklats genau die Arbeitsweise ist, die auf römischem Parkett schon lange angewandt wird. Die Entwicklung der Südtirolautonomie folgt schon seit Jahren keinem nachvollziehbaren Konzept oder einer in einen geordneten Zeitplan eingebetteten Zielsetzung. In Hinterzimmerverhandlungen und langwierigen Feilschereien wird versucht, immer wieder etwas für Südtirol rauszuholen. Diese Vorgangsweise hat bis zu einem bestimmten Punkt durchaus ihre Berechtigung, allerdings ersetzen diese römischen Polit-Gepflogenheiten kein autonomiepolitisches Gesamtprojekt. Ein Gesamtprojekt, über das weder die derzeitige Landesregierung noch die Mehrheitspartei(en) verfügen.
Genau darin liegt auch nach dem jüngsten Eklat die Chance des Autonomiekonvents. In der Ausarbeitung der Grundlagen, die bei entsprechendem politischen Willen zu einem autonomiepolitischen Gesamtkonzept führen. Bei der Erarbeitung dieser Grundlagen darf es keine Tabus geben. Die Arbeiten müssen sich daran orientieren, was für die gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung Südtirols erstrebenswert und wünschenswert ist.
In den letzten Monaten konnte sich durchaus der Eindruck verfestigen, dass die Wertschätzung der Arbeiten im Konvent vonseiten der Landesregierung und den Mehrheitsparteien nicht sonderlich ausgeprägt ist. Einer der Initiatoren des Konvents, Francesco Palermo, hat sich gar wie ein beleidigtes Kleinkind zurückgezogen, seitdem im Rahmen des Autonomiekonvents auch über Themen diskutiert wird, die seiner Meinung nach eine reine Zeitverschwendung darstellen. Zusätzlich haben die Mainstreammedien, insbesondere die sogenannten alternativen Medien, die Arbeiten im Konvent nicht inhaltlich kritisch und konstruktiv begleitet, sondern, wie so häufig bei autonomiepolitischen Themen, ihre Berichterstattung in erster Linie mit Polemik darüber garniert, dass anscheinend bestimmte Kreise die Agenda des Konvents dominieren.
Da verwundert es doch einigermaßen, wenn Alexandra Aschbacher im Leitartikel der ff Nr. 36/2016 unter anderem folgendes über den Konvent schreibt:
Einer Veranstaltung, deren partizipativen und ergebnisoffenen Charakter viele noch immer nicht verstehen wollen oder können.
Fragt sich, ob Südtirols Medien, einschließlich ff, verstanden haben, was partizipativ und ergebnisoffen bedeutet? Partizipativ und ergebnisoffen bedeutet, dass es bei den Arbeiten im Konvent keine Tabuthemen geben darf. Die Südtiroler Mainstreammedien haben in den letzten Jahren keinen großen Beitrag zur Aufarbeitung südtirolspezifischer Reizthemen, wie z.B. Vollautonomie oder Selbstbestimmung geleistet. Allzu häufig werden nicht einmal die Begrifflichkeiten richtig verwendet.
In diesem Zusammenhang gilt es vielleicht auch zu erwähnen, dass Altlandeshauptmann Luis Durnwalder beileibe nicht das erste Mitglied des Konvents der 33 ist, das mit Rückzug droht. Landtagspräsident Roberto Bizzo drohte schon am 13. Juni 2016 über die Zeitung A. Adige, er würde sich vom Konvent zurückziehen, wenn dort über die Selbstbestimmung diskutiert wird. Einen Tag vorher, am 12.06.2016 kam Claudio Corrarati, ebenfalls Mitglied des K33, im A. Adige zu Wort und mokierte sich darüber, dass im Konvent über das Thema Selbstbestimmung gesprochen wird, dass dies die Kompetenzen überschreite und die Diskussionen mehr von den “tecnici”, also Juristen, bestimmt werden sollten. Kein sonderlich ergebnisoffener Ansatz.
Sollten sich die Diskussionen im Konvent der 33 tatsächlich lediglich auf die juristische Ebene und Gepflogenheiten römischer Hintergrundverhandlungen beschränken, kann man die Arbeiten tatsächlich beenden. Es ist dies das Terrain, das die SVP einigermaßen beherrscht und abdeckt.
Es war unter anderem der Altlandeshauptmann Luis Durnwalder, der hier ein Plädoyer für mehr politische Visionen hielt und ebenfalls anmerkte, dass man sich im Zuge der Arbeiten im Konvent auch zum Thema Selbstbestimmung äußern müsse. Im Übrigen animierte auch Landeshauptmann Arno Kompatscher in seinem Impulsreferat vom 10. Juni 2016 im Konvent der 33 durchaus zu Vorschlägen, die über das Klein-Klein der Tagespolitik hinausgehen.
Der Autonomiekonvent kann unter folgenden Umständen durchaus noch zu einem Erfolg werden:
- Die Arbeiten im Konvent der 33 sollen nicht mit einem juristischen Proseminar verwechselt werden, sondern es soll ergebnisoffen über sämtliche autonomen Zuständigkeiten und neu einzufordernden Kompetenzen diskutiert werden, die für eine wünschenswerte gesellschaftliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung Südtirols notwendig sind.
- Formell handelt es sich beim Konvent um ein Hilfsorgan des Südtiroler Landtages. Abgesehen davon obliegt es den Migliedern des Konvents und vor allem auch dem Präsidium des Konvents, die Aufgaben visionär zu interpretieren oder sehr einschränkend und restriktiv auszulegen. Letzteres wäre in der Tat wenig zielführend, ersteres verspricht Frischluft für die autonomiepolitische Stagnation in der sich Südtirol befindet.
- Die Hauptrolle des Konvents ist die eines Ideengebers. Es ist durchaus vorstellbar, dass sich aus den Arbeiten im Konvent neue autonomiepolitische Dynamiken entwickeln. Warum sollte der Südtiroler Landtag morgen nicht ebenso einen Vollautonomiekonvent oder Selbstbestimmungskonvent einsetzen, der auf Grundlage eines gesellschaftlich breit angelegten Prozesses über die Zukunft Südtirols diskutiert und Wege auslotet, die Ergebnisse auch umzusetzen?
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