Arbeitslosenquote bei 5,8 % (Platz 5 in der EU, EU-Durchschnitt 8,8 %). Jugenarbeitslosigkeit bei 10,9 % (Platz 4 in der EU, EU-Durchschnitt 19,1 %). € 39.100 BIP pro Kopf (Platz 7 in der EU, EU-Durchschnitt € 27.400). 6. Platz im “European Quality of Government”-Index. 7. Platz weltweit im “Rule of Law”-Index. 13. Platz weltweit im “Social Progress”-Index. 14. Platz weltweit im “Democracy”-Index. 3. Platz weltweit im “Global Peace”-Index. 12. Platz weltweit im “Fragile States”-Index. 12. Platz weltweit im “Freedom of Press”-Index. 13. Platz weltweit im “Where-to-Be-Born”-Index. 6. Platz weltweit im “Quality of Life”-Index.
Fürwahr, es mag schlimmere Orte zum Leben geben als Österreich. Ein Land, das seit 1945 entweder von der SPÖ, der ÖVP oder beiden gleichzeitig regiert wurde – abgesehen von zwei Kurzauftritten der FPÖ in einer Koalition mit der SPÖ (1983-86) und der ÖVP (2000-06). Angesichts obiger Zahlen könnte man also durchaus den Schluss wagen, dass die SPÖ und die ÖVP in den vergangenen 70 Jahren nicht komplett alles falsch gemacht haben.
Da das Jammern und Raunzen in Österreich aber zum Volkssport gehört, jammert und raunzt man auf höchstem Niveau. In einer noch nie dagewesenen Dimension zeigt sich die Unzufriedenheit mit den (ehemaligen) Großparteien bzw. der großen Koalition (Groko) nun auch in Wahlergebnissen. Bei der ersten Runde zur Bundespräsidentschaftswahl erreichten der ÖVP-Kandidat Andreas Khol und der SPÖ-Kandidat Rudolf Hundstorfer zusammen gerade einmal 22,4 Prozent der Stimmen.
Vor wenigen Tagen zog SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann für viele dennoch überraschend die Reißleine und erklärte seinen Rücktritt. Auch wenn Faymann den fehlenden Rückhalt innerhalb der eigenen Partei als Grund angab, so war es indirekt doch die FPÖ, die für den Fort.Schritt Faymanns verantwortlich zeichnet. Seit mehreren Jahren schon sind die Freiheitlichen – oder besser gesagt H.C. Strache – der bestimmende Faktor in der Politik von ÖVP und SPÖ.
Das ist der Vorwurf den man den Großkoalitionären machen muss und der wahrscheinlich auch der Grund für die Unzufriedenheit ist- trotz der objektiv und vergleichsweise guten wirtschaftlichen und sozialen Lage in Österreich. Neben ein paar unglücklichen Personalentscheidungen vor allem bei der ÖVP (Strasser, Molterer, Pröll, Spindelegger …) und einer gefühlten Verwechselbarkeit aufgrund des großkoalitionären Zwanges zum Konsens, war die Groko durch das Reagieren statt das Agieren gekennzeichnet. Und hat die Regierung einmal agiert, schaffte sie es nicht, dies als Erfolg zu verkaufen.
Ministerinnen wie Maria Fekter und Johanna Mikl-Leitner waren in Politik, Gehabe und Rhetorik der rechtspopulistischen FPÖ näher als ihrer christlich-konservativen Volkspartei. Doch der Wähler geht lieber gleich zum Schmied als zum Schmiedl – und so fuhr die FPÖ in der Ära Strache bis auf wenige Ausnahmen einen Wahlsieg nach dem anderen ein.
Der Anfang vom Ende der Regierung Faymann und somit mittelfristig wohl auch der großen Koalition war aber die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen im Burgenland. Landeshauptmann Hans Niessl holte 2015, nachdem die absolute Mehrheit der SPÖ verloren gegangen war, gegen den Willen der Bundes-SPÖ die FPÖ in die Regierung.
Diese Koalition war nicht bloß Ausdruck der gespaltenen Haltung der SPÖ was den Umgang mit der Strache-Partei betrifft, sie war auch ein Zeichen dafür, dass die Sozialdemokraten in der Flüchtlingsfrage längst nicht mehr geschlossen für die “Willkommenskultur” standen.
Wiens mächter Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Häupl, der in der Bundeshauptstadt eine Koalition mit den Grünen eingegangen ist, spricht sich nach wie vor dezidiert gegen eine Zusammenarbeit mit der FPÖ unter Strache aus (Stichwort: Blaubuch). Häupl ist es auch, der in Sachen Flüchtlingspolitik – anders als viele Menschen an der SPÖ-Basis – große Probleme mit den “Scharfmachern” innerhalb der ÖVP hat.
Am deutlichsten ans Tageslicht kam diese Zerrissenheit der SPÖ beim traditionellen Maiaufmarsch zum “Tag der Arbeit”. Kanzler Faymann wurde von der einen Hälfte der Genossinnen und Genossen gnadenlos ausgepfiffen, während die andere Hälfte “Werner, der Kurs stimmt”-Schilder in die Höhe hielt. Diese Erfahrung wird wohl das ausschlaggebende Moment für den Rücktritt gewesen sein.
Inzwischen hat ÖVP-Bundesparteiobmann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner die Agenden des Kanzlers übernommen und stellte gleich einmal klar: ”Ich gehe davon aus, dass wir diesen Kurs ohne Veränderung fortsetzenâ€. Ob das gut geht und ob der interimistische SPÖ-Obmann Häupl da mitmacht? Wenn ich in der SPÖ etwas zu sagen hätte, dann würde ich etwas ganz Verwegenes versuchen. Ich würde beinhart sozialdemokratische Politik betreiben. Ganz so, als ob es die FPÖ gar nicht gäbe. Das wäre zumindest einmal einen Versuch wert.
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