Wie für öffentliche so gilt auch für private Nachrichtenmedien die journalistische Ethik. Berichte sollten möglichst objektiv und ausgewogen sein. Gleichzeitig ist es aber auch nichts Ungewöhnliches oder gar Verwerfliches, wenn private Medien Position beziehen — über Leitartikel und Kommentare beispielsweise. So hat die renommierte New York Times in der Vergangenheit regelmäßig explizite Wahlempfehlungen abgegeben. Zuletzt für Barack Obama.
In Südtirol sind es vor allem die so genannten “Kampagnen” der Dolomiten, die diesbezüglich für Aufsehen sorgen. Die Tatsache, dass die Zeitung eindeutig Stellung bezieht, halte ich für legitim. Wie sie das mitunter macht, ist grenzwertig.
Im Zuge der unendlichen Geschichte um das Benko-Projekt in Bozen konnte man beim Athesia-Flaggschiff zu Beginn durchaus Sympathien für das neue Kaufhaus herauslesen. Nach einigen Vorfällen im Hintergrund war die Linie jedoch deutlich Anti-Benko.
Das Ergebnis der umstrittenen — und der Idee der partizipativen Demokratie schadenden — Volksbefragung verkündete das Tagblatt der Südtiroler so:
Kaufhaus-Befragung: 21.911 Bürger stimmen für das Benko-Projekt – Das sind 23,41 Prozent der wahlberechtigten Bürger.
Den erreichten Prozentsatz auf die Zahl der Wahlberechtigten und nicht auf die Zahl der abgegebenen Stimmen zu beziehen, ist in einer Demokratie äußerst unüblich. Wir gehen nämlich vom Verständnis aus, dass — wenn es überhaupt ein Quorum gibt und dieses erreicht wurde — die Zustimmung relativ zur Beteiligung gemessen wird. Die, die der Wahl ferngeblieben sind, kann man weder den Befürwortern noch den Gegnern zurechnen.
Subtil wird hier die demokratische Legitimation infrage gestellt. (Wobei es genügend andere, triftige Gründe gäbe, die demokratische Legitimation dieser Befragung anzuzweifeln). Nur 23,41 Prozent Zustimmung klingen natürlich im Sinne der Benko-Gegner besser als satte 64,39 Prozent.
Ähnlich agierte man bereits bei der Volksabstimmung zur geplanten Seilbahn auf die Brixner Plose. Hier das offizielle Ergebnisblatt auf stol.it. Auch damals wurde “umgerechnet” und das Ergebnis, das trotz “Kampagne” nicht im Sinne der Blattlinie ausfiel, in den Athesia-Medien im Verhältnis zur Beteiligung angegeben (29,37% relativ zu den Wahlberechtigten vs. 50,06% relativ zu den abgegebenen Stimmen waren für die Buslösung). Obgleich es damals ein Zustimmungsquorum von 25 Prozent gab, ist es nach Erreichen dieses Quorums korrekter und aussagekräftiger, das Verhältnis in Relation zu den abgegebenen Stimmen anzugeben.
Es stellt sich mir die Frage: Warum hat man bei den Landtagswahlen 2013 eigentlich nicht so getitelt?
Sattelfeste Mehrheit: SVP und PD erringen Stimmen von 37,5 Prozent der Wahlberechtigten.
Cëla enghe: 01
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