Vor allem wegen dem Proporz wird die Entwicklung der Beschäftigung im öffentlichen Dienst in Südtirol immer genau beobachtet. Laut Astat-Info Nr. 3/2016 wird der Proporz bei den Lokalverwaltungen ziemlich streng eingehalten, während er bei jenem kleineren Teil der Staatsstellen nicht erreicht worden ist (58,3% der Mitarbeiterinnen Deutsche, 39,3% Italiener und 2,4% Ladiner). Der mit über 6.000 Bediensteten weit größere Teil des Staatsdienstes befasst sich mit der äußeren und inneren Sicherheit: Carabinieri, Polizisten, Soldatinnen, Geheimdienstleute und dergleichen. Über die Sprachgruppenverteilung gibt der Staat keinen Aufschluss, denn dem Proporz ist dieser Bereich nicht unterworfen. Allerdings hat es bei zahlreichen Wettbewerben für Staatsstellen einen chronischen Mangel an Bewerbern gegeben, vor allem seitens der Ladiner.
Insgesamt hat der Staatsdienst mit 3,6% der Erwerbstätigen (Ende 2014) keine große Bedeutung mehr für den Südtiroler Arbeitsmarkt. Die Entwicklung des staatlichen Personals ist aber nicht nur hinsichtlich des Proporzes interessant, sondern auch weil die wenigen vom Staat verwalteten öffentlichen Dienste für die Bevölkerung ganz schön wichtig sind, wie etwa die innere Sicherheit, die Justiz, die Finanzämter und die Sozialversicherungsanstalten. Bei einer wachsenden Wirtschaft und Unternehmenszahl, bei einem zunehmend komplizierten Steuersystem und einer immer mehr beanspruchten Justiz könnte man annehmen: Der Staat braucht mehr Personal, um einen bürgerfreundlichen und effizienten Dienst zu leisten. Das Gegenteil ist der Fall: Von 2011 bis 2014 hat der Staat über 1.000 Stellen gestrichen, und zwar in allen Bereichen mit Ausnahme des Heeres.
Im Gerichtswesen ist seit 2009 fast ein Sechstel der Stellen wegrationalisiert worden. Wer die Südtiroler Justizverwaltung von innen kennt, wird allerdings nicht behaupten, dass die Justiz jetzt schneller und rationeller arbeitet. Abseits von jeder Proporzdiskussion: Hier leidet die Qualität des Dienstes für die Bürger. Weniger deutlich haben die Finanzämter eingespart, obwohl jeder Steuerzahler die elendslangen Wartezeiten z.B. bei der Bozner Steueragentur kennt. Sogar Unternehmer würden hier behaupten: Es braucht eher mehr als weniger Personal, um einen effizienten, bürgerfreundlichen und zweisprachigen Dienst zu gewährleisten.
Am erstaunlichsten die Entwicklung bei der Polizei (es ist nicht klar, ob die Carabinieri zur Polizei oder zum Heer gezählt werden). Jedenfalls ist allein bei der Polizei in nur drei Jahren (2011-2014) ein volles Drittel der Stellen weggefallen. Warum? Laut Astat haben die Straftaten 2011-2013 sogar zugenommen. Es ist aber auch nicht bekannt, dass die öffentliche Sicherheit seit 2014 bedenklich abgenommen hat. Waren diese Polizisten schon vorher überflüssig oder sieht sich der Staat zu so radikalen Einsparungen gezwungen? Dann könnte er allerdings auch bei den in Südtirol stationierten Soldaten sparen, die im selben Zeitraum zugenommen haben. Denn »Feind« ist hier zurzeit keiner in Sicht.
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