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Litauen 1990.
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ai

Hier einige Auszüge aus einem Artikel, der am 12. Jänner 1990 in der New York Times veröffentlicht wurde und Aussagen wiedergab, mit denen SU-Präsident Michail Gorbatschow bei einem Besuch in Vilnius versuchte, die Menschen für den Verbleib in der Sowjetunion zu gewinnen.

Einige Argumente werden heutigen UnabhängigkeitsbefürworterInnen in Westeuropa sehr vertraut erscheinen, obschon die (wirtschaftliche und politische) Lage der damaligen SU und Litauens ungleich dramatischer war.

Präsident Michail Gorbatschow bat die Litauer heute inständig darum, Teil der Sowjetunion zu bleiben, und warnte, dass die Sezession für die kleine Republik eine wirtschaftliche Katastrophe wäre […]

Gorbatschow […] versuchte die Litauer zu überzeugen, dass der Sezessionsprozess teuer und alles andere als einfach wäre und Verhandlungen über Verteidigung, Handel, Kommunikation und möglicherweise Rückzahlungen [Litauens] für Investitionen der Föderation zu führen sein würden.

Gorbatschow warnte, dass es »eine Tragödie geben werde«, wenn »jemand« imstande wäre, Moskau und Litauen gegeneinander aufzubringen.

[…] er unterstrich die gegenseitige Abhängigkeit von Moskau und Litauen.

»In 50 Jahren haben wir uns aneinander gebunden, ob wir es wollen oder nicht«, sagte er heute Morgen vor einer Menschenmenge am Leninplatz.

Er hob die Wichtigkeit der litauischen Häfen und Kommunikationsinfrastruktur für die sowjetische Verteidigung hervor und sagte, dass »unsere Sicherheit hier liegt«.

Während seines Rundgangs am Leninplatz und bei Besuchen in einer Fabrik und im Litauischen Presseklub sagte der sowjetische Präsident wiederholt, dass Litauen mit einer Sezession Milliarden Rubel an Unterstützung verlieren würde, die es in Form von sowjetischen Rohstoffen und Produkten erhält, und in der grausamen Konkurrenz der restlichen Welt untergehen würde.

»Lasst uns eure Unabhängigkeit gewähren und Weltmarktpreise herstellen, und ihr werdet sofort im Sumpf versinken«, sagte er der Menge auf den Straßen.

Übersetzung:

Wir alle wissen, wie die Geschichte verlaufen ist und wie wenig sich Gorbatschows Horrorszenarien für Litauen bewahrheitet haben.

Nur infolge eines (misslungenen) Putschversuchs prosowjetischer Kräfte kam es im Jänner 1991 zu mehreren Todesopfern.

Im Unterschied zu den meisten »demokratischen« Verfassungen heutiger EU-Länder sah die SU ein Recht auf Selbstbestimmung ausdrücklich vor, wie im Artikel ebenfalls beschrieben wird. Man versuchte, die Menschen mit — eben äußerst drastischen — Argumenten und Drohungen zu überzeugen, jedoch nicht durch Unteilbarkeitsgebote festzuhalten.



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Comentârs

19 responses to “Litauen 1990.
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  1. Libertè avatar

    ”Independence” has a range of meanings for different people here, from greater freedom within the Soviet Union to outright secession, and some political leaders in the republic say they hope a compromise can be found short of separation.

    Hört man auch oft genug bei uns…

  2. Schierhangl avatar
    Schierhangl

    Geh bitte… jetzt kannst echt langsam dem Pöder seine Bürgerunion beitreten!
    Lang lebe die Republik!

  3. niwo avatar
    niwo

    Mit einer Partei, wie der SVP wären alle baltischen Staaten heute wohl sehr wahrscheinlich noch Teil von Russland.

    1. ProEuregio avatar
      ProEuregio

      … und sie äsvaupeht mitsamt ihrem Stimmvolk weiter gleich dahin …

  4. Schierhangl avatar
    Schierhangl

    Der Vergleich des “Systems” mit der ehemaligen Sowjetunion ist interessant und könnte auf viele Bereiche angewandt werden.
    Staatsbetriebe, Staatsmedien, …
    Dennoch:
    Hier eine Analogie mit einem der wichtigsten Staatsoberhäupter des 20. Jahrhunderts, Initiator von Glasnost und Perestroika, der den Kommunismus friedlich beendet hat, hier als unverbesserlichen Unionist darzustellen hinkt.

    Denn:

    Wer zu spät kommt den bestraft das Leben.

    oder

    Ich glaube, Gefahren warten nur auf jene, die nicht auf das Leben reagieren. Und wer die vom Leben ausgehenden Impulse – die von der Gesellschaft ausgehenden Impulse aufgreift und dementsprechend seine Politik gestaltet, der dürfte keine Schwierigkeiten haben, das ist eine normale Erscheinung.

    (protokolliert nach Video “Fünf Wochen im Herbst. Protokoll einer deutschen Revolution”, Spiegel-TV 1990).(Michael Gorbatschow)

    1. Schierhangl avatar
      Schierhangl

      Aber:

      Die Freiheit ist immer Freiheit des Andersdenkenden.

      (Rosa Luxemburg)

    2. pérvasion avatar

      »Unionist« ist doch kein Schimpfwort. Der Unionismus ist — im demokratischen Wettstreit der Ideen — eine völlig legitime Position. Zudem war die Sowjetunion in dieser Frage Anfang der 1990er möglicherweise »demokratischer«, als so manche westliche Demokratie (Stichwort: Unteilbarkeit).

      Ich wollte also gar nicht Gorbatschow kritisieren, sondern auf die sonderbare Analogie der Argumente hinweisen. Im Fall der baltischen Republiken hätte man sich ja nach vielen Jahren Planwirtschaft tatsächlich einen regelrechten Zusammenbruch erwarten können — wir wissen heute aber, dass es dazu in dieser Form nie kam und diese Staaten heute gut dastehen. Dass aber antidemokratische (weil eine Abstimmung nicht zulassen wollende) Unionisten gegen die Unabhängigkeit des wirtschaftlich prosperierenden Südtirol Katastrophenszenarien an die Wand malen, die sich nicht einmal für Ex-Sowjetrepubliken bewahrheitet haben, spricht Bände über ihre argumentative Redlichkeit.

      1. Schierhangl avatar
        Schierhangl

        Merke:
        Der Unionismus ist eine völlig legitime Position.

      2. pérvasion avatar

        Danke… doch ich glaube nicht, jemals was anderes behauptet zu haben. Fällt dir vielleicht auch ein Merksatz für die Gegenseite ein (»der Separatismus ist eine völlig legitime Position« oder so)? Da gäbe es a bissi mehr zu tun… ;)

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