Die Region Südtirol-Trentino war von Anfang an dazu gedacht, die deutsche Sprachgemeinschaft — entgegen der elementarsten Minderheitenschutzprinzipien — auch in ihrer »eigenen« Verwaltungseinheit zu minorisieren und unter die Obhut der nationalen Mehrheit zu stellen. Erst allmählich gelang es (unter anderem durch Österreichs Vorstoß bei der UNO und der darauffolgenden Länder-Autonomie) diese Fessel zu lockern, doch gelöst ist sie bis heute nicht. Einige wichtige Zuständigkeiten, wie die Gemeindeordnung, obliegen nach wie vor der Region, obschon die einschlägigen Regionalgesetze in wesentlichen Punkten zwischen Südtirol und Trentino unterscheiden und somit der Tatsache Rechnung tragen, dass die beiden Länder wesentliche Unterschiede prägen.
Der größte Makel an dieser Situation ist vor allem, dass nach wie vor die Abgeordneten des einen Landes mitentscheiden, wenn es um Belange geht, die im Grunde nur das andere Land betreffen. Immerhin werden die Schlachten — meist — nicht mehr entlang ethnischer Trennlinien ausgetragen, bedenklich ist die Lage aber nach wie vor.
Die längst überfällige Auflösung der Region, die sich seit ihrer weitgehenden Aushöhlung vor allem mit Renten- und Versicherungsfragen ihrer Abgeordneten befasst, wird schon seit Jahren verschleppt — einmal aus Angst vor dem ach so autonomiefreundlichen Zentralstaat, dann wieder aus Respekt vor den Trentinern, die befürchten, ihre Autonomie zu verlieren, wenn sie sich nicht auf immer und ewig an Südtirol ketten. Was sich daraus ergibt, ist eine faktische Zwangsehe, die die Länder immer noch wesentlicher Teile ihrer Autonomie beraubt. So bestimmen die Trentiner Abgeordneten mit, wie Gemeindewahlen in Südtirol abzulaufen haben oder ob eine Kommune ihren Namen ändern darf. Und umgekehrt. Dass die lahme Region noch die »Organisation« der Kommunalwahlen übernimmt, ist das Tüpfelchen auf dem i.Nun liegt im römischen Parlament ein Verfassungsgesetzentwurf der SVP auf, der zwar noch immer nicht die Einmottung der Region, aber immerhin den Übergang der Gemeindeordnung (Ordnung der örtlichen Körperschaften, um genau zu sein) an die beiden Länder vorsieht. Auch darüber befindet Rom. Doch während vorgestern der Südtiroler Landtag eine positive Stellungnahme an das Parlament schickte, taten die Trentiner das genaue Gegenteil und stellten sich einstimmig gegen das Vorhaben.Im Scheidungsrecht reicht es, wenn einer der beiden Partner die Ehe beenden will — ob es im Falle der Gemeindeordnung auch so ist oder ob man sich in Rom erneut dazu entscheiden wird, uns eine Zwangsehe mit Trient aufzuzwingen, werden wir schon bald zur Kenntnis nehmen dürfen.
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