Andorra ist seit 750 Jahren ein Co-Fürstentum, dessen Staatsoberhäupter gleichzeitig ausländische Amtsträger sind — der Bischof des katalanischen Urgell und das französische Staatsoberhaupt (also zunächst der König und nun der Staatspräsident des Hexagons). Folgerichtig heißen die derzeitigen Co-Fürsten Bischof Joan Enric Vives i Sicàlia und Präsident François Hollande. Mehrmals hatte Madrid versucht, die Funktion des Bischofs von Urgell auf den spanischen König zu übertragen.
Seit sich die Andorraner 1993 eine neue Verfassung gaben, haben die beiden Co-Fürsten nur noch repräsentative Aufgaben und ein Vetorecht in Fragen der Außenpolitik.
Bei Amtsantritt eines neuen Papstes stellt sich im Vatikan regelmäßig die Frage, ob die weltliche Macht eines kirchlichen Amtsträgers außerhalb des Kirchenstaates noch zeitgemäß ist. Doch obschon bereits mehrere Kirchenoberhäupter am Co-Fürstentum gerüttelt haben, blieben bislang alle Vorstöße erfolglos. Papst Franziskus jedoch hat den Andorranern nun zu verstehen gegeben, dass er ernst machen und dem Bischof von Urgell seine weltliche Macht verbieten wolle.
Damit löste Jorge Bergoglio im Pyrenäenstaat eine breite Debatte über die endgültige Auflösung der monarchieähnlichen Staatsform aus, weshalb Andorra schon bald die Umwandlung in eine Republik bevorstehen könnte. Auch der zweimalige andorranische Regierungschef à’scar Ribas, unter dessen Führung die neue Verfassung eingeführt wurde, sprach sich für diese Lösung aus.
Anders als bei dem Modell, das der italienische Journalist und Diplomat Sergio Romano 2006 für Südtirol vorgeschlagen hatte — eine Art »Kondominium« zwischen Italien und Österreich über unser Land — ist das heutige Andorra ein vollkommen souveräner Staat, der die Funktion des Staatsoberhauptes freiwillig und jederzeit aufkündbar zwei auswärtigen Amtsträgern überlassen hat.
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