Als die römische Zentralregierung zum 24. Mai sämtliche öffentliche Institutionen — auch in Südtirol — anwies, den italienischen Eintritt in den ersten Weltkrieg durch Hissen der Staatsflagge zu feiern, riefen die Südtiroler Grünen dazu auf, nicht den Befehl zu verweigern, sondern die Flagge auf Halbmast zu setzen. Ob es streng protokollarisch »besser« ist, gar keine Flagge auszuhängen oder sie auf Halbmast zu setzen, sei dahingestellt. Die Botschaft war wie leider viel zu oft: Erlass wenigstens teilweise umsetzen, nie die offene Konfrontation suchen, komme was wolle.
Unter der entsprechenden Medienmitteilung auf der Webseite der Grünen postete der (in seinen persönlichen Ansichten oftmals als »grünennah« bezeichnete) Politologe Hermann Atz einen Kommentar, mit dem er die Partei unmissverständlich zu einer klareren Position — im Sinne der Forderung nach einer Rücknahme des Flaggenerlasses — aufruft. Die Anweisung aus Rom sei gerade für die Südtirolerinnen ein »Affront« und beweise einmal mehr, dass in Italien keine ernsthafte Geschichtsaufarbeitung stattfinde.
Wichtiger noch als der Inhalt der Aufforderung selbst scheint mir Atz’ expliziter Hinweis zu sein, dass man sich nicht aussuchen könne, mit wem man zu speziellen Themen einer Meinung ist — in diesem Fall mit den »Patrioten«. Das ist ein wohltuender, überfälliger Aufruf, Positionen zu vertreten, die im Einklang mit den eigenen politischen Überzeugungen stehen, anstatt sich vor allem danach zu richten, was »die Richtigen« und »die Falschen« vertreten.
In Südtirol werden nicht »nur« Menschenrechte niedergestimmt, wenn der Antrag von der falschen Partei kommt. Ein urlinkes Thema wie die demokratische Selbstbestimmung wird von einigen Linken einfach grundsätzlich abgelehnt, weil das Thema hierzulande zuerst von den Rechten besetzt wurde.
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