Brief an die Landesregierung und andere Verantwortliche im Land. Darf gerne als Vorlage verwendet und verschickt werden. Vielleicht sogar als Inspiration für eine Landtagsanfrage – sollten hier Mandatare mitlesen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Südtirol rühmt sich eines funktionierenden Zivilschutzes. Im Katastrophenfall sind Einsatzkräfte meist binnen Minuten vor Ort und leisten vorbildliche Arbeit. Es wird unbürokratisch geholfen, informiert, psychologisch betreut usw. Zelte, Feldküchen, Notschlafstellen, sanitäre Einrichtungen werden organisiert und zur Verfügung gestellt. Wie ich der Webseite des Landes entnehme, gibt es auch bereits lobenswerte Südtiroler Unterstützung für die Erdbebenopfer in Nepal.
Was sich im Moment jedoch auf Südtiroler Bahnhöfen abspielt, spottet jeder Beschreibung. Und es ist ja nicht so, dass man von den Vorfällen überrascht worden wäre. Das geht seit Wochen so. Kann es wirklich sein, dass sich die öffentliche Hand in unserem Land nahtlos in das beschämende Versagen der Europäischen Union und des italienischen Staates einfügt?
Wir erleben gerade eine der größten humanitären Katastrophen unserer jüngeren europäischen Geschichte, die bereits tausende Menschenleben gekostet hat. Und wir sind mittendrin.
Mehrere Wochen Anlaufzeit um eine Informationsstelle einzurichten? Das ist nicht Ihr Ernst, oder? Flüchtlinge, die am Boden übernachten, kaum zu Essen bekommen – wie ich von Freunden, die am Brenner Hilfe leisten, erfahren habe. Von umfassender ärztlicher und psychologischer Betreuung ganz zu schweigen. Menschen, die traumatische Tage und Wochen hinter sich haben, sind in einem völlig fremden Land komplett auf sich allein gestellt. Ihre Koordination der ohnehin schon dürftigen Hilfe durch bewundernswerte Freiwillige hat völlig versagt.
Das Argument, dass die Flüchtlinge ohnehin nicht in Südtirol bleiben möchten oder dass sie keine Hilfe bräuchten, ist zynisch. Sie wissen genau, dass die Dublin-III-Verordnung es nicht zulässt, dass sie legal weiterreisen. Österreich, das nebenbei erwähnt eine der höchsten Flüchtlingsaufnahmequoten Europas hat und diesbezüglich weit vor Südtirol und Italien liegt, lässt die Menschen nicht einreisen bzw. schickt sie wieder zurück.
Ich bitte Sie inständig: Bereiten Sie diesem menschenunwürdigen Spektakel ein Ende. Sofort.
Mit freundlichen Grüßen
Scrì na resposta