Dass Sprachrechte in einem mehrsprachigen Land für alle gelten, sollte eigentlich selbstverständlich sein. Nicht so in Südtirol, wo einige Maßnahmen auf Mitglieder der Sprachminderheiten beschränkt sind. Vor rund zweieinhalb Jahren etwa urteilte das Kassationsgericht in Rom, deutschsprachige Prozesse stünden in Südtirol nur Einheimischen zu. Alle anderen (Bürgerinnen aus Deutschland und Österreich etwa, aber auch ZuwandererInnen ohne EU-Staatsbürgerschaft) sollten vor Gericht nur die Staatssprache Italienisch gebrauchen dürfen. Eine Auffassung, die nicht dem Selbstverständnis eines mehrsprachigen, sondern der eines einsprachigen Landes entspricht — mit Sonderrechten nur für Mitglieder klar definierter und abgegrenzter Gruppen. Glücklicherweise entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) gegen den ausdrücklichen Widerstand Italiens gleich zweimal anders und annullierte somit die Rechtssprechung der Kassation. Zumindest EU-Bürgerinnen, so die europäischen Richter, dürfe Italien nicht diskriminieren.
Nun hat die Sechserkommission eine neue Durchführungsbestimmung zum Autonomiestatut vorbereitet, die Deutsch und Italienisch als Gerichtssprachen grundsätzlich allen zugänglich macht, also auch Nicht-EU-Bürgerinnen. Dies ist ein kleiner, wichtiger Schritt in Richtung tatsächlicher Gleichstellung der Sprachen auf territorialer Ebene und ein (allerdings nicht hinreichender) Beitrag zur Inklusion der neuen Südtirolerinnen in unsere mehrsprachige Realität.
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