Parlamentsfraktionen werden für gewöhnlich gegründet, um Parteien oder Bündnissen mit homogenen politischen Zielen die parlamentarische Arbeit zu erleichtern. Da die Südtiroler Volkspartei nicht genügend Senatoren stellt, um im Senat eine unabhängige Fraktion zu gründen — und in Italien auch Minderheiten keine diesbezüglichen Ausnahmen gewährt werden — bemühte man sich, eine Fraktion der Autonomien zu gründen, in die auch Senatoren anderer Minderheitengebiete und so mancher Senator auf Lebenszeit eintraten, zuletzt unter großem Tamtam der ehemalige Staatspräsident Giorgio Napolitano.
Vor wenigen Tagen hatte die Tageszeitung A. Adige publik gemacht, dass in der Autonomie-Fraktion des italienischen Senats Aufruhr herrsche: Nach der Auflösung seiner eigenen Scelta-Civica-Fraktion und dem Übertritt der meisten Mitglieder in die PD-Gruppe stehe der ehemalige Ministerpräsident Mario Monti fraktionslos da. Dieser hatte sich während seiner Amtszeit in Autonomiefragen vor allem dadurch hervorgetan, sie zu ignorieren, zu übergehen und in teils verfassungswidriger Manier zu beschneiden. Trotzdem möchte Monti der Autonomie-Fraktion beitreten, da der natürliche Hafen für heimatlose Senatoren, die gemischte Fraktion, während dieser Legislaturperiode bereits viele SEL-Mitglieder beherbergt — und die sind Monti wohl zu weit links. Pikantes Detail: Laut A. Adige habe die Regierung auf Zeller & Co. Druck ausgeübt, Monti in die Autonomie-Fraktion aufzunehmen. Das heißt: Die SVP ist nicht nur im Parlament als Ganzes eine vernachlässigbare Größe, selbst in ihrer eigenen Fraktion gerät sie nun schon in Bedrängnis.
Gestern machte der Parlamentsabgeordnete Florian Kronbichler (Grüne/SEL) via Facebook eine Episode öffentlich, die ebenfalls zeigt, wie sehr der PD die SVP inzwischen beeinflusst. Die 5SB-Abgeordnete Laura Castelli habe ein Gespräch zwischen Gianclaudio Bressa (PD) und den Abgeordneten der SVP mitbekommen, bei dem ersterer drohte, ein geplantes »Treffen mit Arno« [Kompatscher] abzusagen, weil die SVP zu viele Abänderungsanträge zur Verfassungsreform eingebracht habe. Kronbichler selbst habe Bressa auf diese Erpressung angesprochen, worauf ihm dieser geantwortet habe, dass es sich »nicht um eine Drohung, sondern um eine Mitteilung gehandelt« habe.
In jedem Fall, so Kronbichler, habe die SVP gekuscht, sämtliche Anträge zurückgezogen, sich in der parlamentarischen Debatte kein einziges Mal zu Wort gemeldet und den Vorlagen der Regierung geschlossen zugestimmt.
Ob es sich beim von Bressa angesprochenen »Treffen mit Arno« um die gestrige Zusammenkunft der Landeshauptleute Kompatscher und Rossi mit Matteo Renzi gehandelt haben könnte, werden wir wohl nicht erfahren. Jedenfalls ist auch in diesem Fall die Botschaft mehr als klar: Renzi hat den beiden zu Kreuze gekrochenen zugesichert, dass die »verantwortungsvollen« Autonomien belohnt würden, zum Beispiel mit neuen Zuständigkeiten. Der brave Hund kriegt schließlich auch einen Keks.
Wie weit kann die Würde unseres Landes und unserer Politiker noch fallen?
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