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Nationale EU (II).

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ai

Ausgehend von einem Werbebanner auf Südtirol Online hatte ich gestern die etwas verwegene These aufgestellt, dass hierzulande auch die EU nationalstaatlich dekliniert wird. Nicht zum ersten Mal fällt mir auf, dass selbst die mehrsprachige EU gern (im übertragenen Sinne) den Umweg über Rom nimmt, und sei es nur durch Schlampigkeit und mangelnde Sensibilität. Eine Verschwörung unterstelle ich nicht, vielmehr die Wirksamkeit dessen, was wir hier als »nationalstaatliche Logik« bezeichnen, die sich auf verschiedenste Arten äußert und gerne auch Mal vorauseilend zur Anwendung kommt.

Ferner habe ich entdeckt, dass das Logo unseres Landes auf der Seite von Interreg Italien-Schweiz auch im deutschsprachigen Teil ausschließlich mit dem italienischen Schriftzug versehen ist. Ein Versehen? Mag sein. Aber wie viele Südtirolerinnen, zumal Mitarbeitende des Landes, haben diese Seite wohl aufgerufen, ohne dass ihnen dies aufgefallen ist?

In der weiteren Recherche habe ich nun bemerkt, dass auch auf den Internetseiten des Landes Südtirol — Abteilung Europa gar einiges nur auf Italienisch verfügbar ist. Von einem Versehen zu sprechen ist hier wohl kaum noch möglich:

  • Die Leitlinien für die Bewertung von ESF-Projekten gibt es nur in der lingua franca nazionale, ebenso ist nur einer von drei Bewertungsberichten auch auf Deutsch verfügbar.
  • Die Jahresberichte des Amtes, neun an der Zahl, sind nur auf Italienisch verfügbar.
  • Auch ein »transnazionales« (sic) Best-Practice-Projekt wird vorgestellt, dessen Monitoringbericht aber (nicht ganz Best-Practice-mäßig) einsprachig ist.
  • Für den neuen Programmzeitraum 2014-2020 wurde am 29. Oktober 2014 eine Partnerschaftsvereinbarung zwischen Italien und der EU-Kommission unterzeichnet. Auch diese gibt es selbstverständlich nur in einer Sprache, ebenso wie das in Bewertung befindliche operationelle Programm des Landes Südtirol.

Übrigens, ein weiteres sogenanntes Versehen habe ich auch auf der Karte von Interreg Italien-Österreich entdeckt, wo »Bolzano/Bozen« in der Legende nur als »A. Adige« bezeichnet wird:

Interreg Programmgebiet.

Meine Feststellung, dass hierzulande auch Europa nationalstaatlich dekliniert wird, halte ich nach dieser Aufstellung (die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt) für nicht mehr ganz so verwegen.

Europa, wir kommen — und wir sind Italien!

Cëla enghe: 01



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Comentârs

9 responses to “Nationale EU (II).”

  1. Libertè avatar
    Libertè

    Kärnten und Friaul usw hätteen auch Namen im anderen Sprachen, hier greift die so oft gebrauchte Nationalstaatliche Logik

    1. Libertè avatar
      Libertè

      Besonders brisant wirds wenn man bedenkt dass die Seite vom Südtiroler Informatikdienst erstellt wurde (und dieser IMMER das selbe Design einsetzt)

  2. Christoph Moar avatar
    Christoph Moar

    Mit der ESF Dienststelle hast du dir ein wahrlich dankbares Analyseobjekt ausgesucht. Wären es nur die sprachlichen Übersetzungen, die ich der Dienststelle ankreiden könnte, würde ich glatt aus eigener Tasche sämtliche Schriftstücke und Webseiten für uns aus caritativen Überlegungen übersetzen lassen.

    Dass das Versagen der Dienststelle und – noch schlimmer – der Kontrollbehörde uns Südtiroler nach aktuellem Stand der Ermittlungen mindestens ca. 40 mio Euro kosten wird – und damit circa 100 Euro pro Südtiroler Nase, ist Fakt. Die Schuld liegt laut Interview des ehemaligen Leiters natürlich nicht an den Führungskräften, sondern an den gutbezahlten Mitarbeitern, die ihre Arbeit nicht machen konnten. Das sind ja alles Akademiker, die müssen ja wissen was sie zu tun haben. Originalton eines Interviews, nicht von mir.

    Das von dir angesprochene best-practice-Projekt ist ebenfalls so best-practice, dass sämtliche Gelder auf der Kippe stehen.

    Die Leitlinien für die Bewertung von ESF-Projekten gibt es nur in der lingua franca nazionale,

    Eine Mitteilung der Provinz zu den Leitlinien gibt es nur in der lingua franca. Die Leitlinien selbst holt man sich bei der Kommission in einem Dutzend Sprachen ab. Ändert aber nichts an der Sache.

    Ich verstehe nicht warum die Provinz, die soviel Übersetzer beschäftigt, nicht auch in der Lage ist eine solche eigene Mitteilung (die für Fachleute geschrieben ist) auch immer brav übersetzen zu lassen. Es sei hier angemerkt, für diejenigen unter uns die die Mechanik der ESF Projekte verstehen, dass das Rahmenprogramm der Provinz im Rahmenprogramm der nationalen Maßnahmen und daraus in das Rahmenprogramm der Kommission eingegliedert ist. Divide et impera, so organisiert sich auch die Kommission, und damit stimme ich dir zu Simon, dass ESF Projekte aus dieser Sicht immer national dekliniert werden. So wie übrigens auch Bankenrettungsprogramme und quantitative easing Vorgaben. Ach ja, so wie auch die Zahlungen in den Fond hinein immer national aus nationalen Steuermitteln dekliniert werden.

    Wir in Südtirol haben soviel Übersetzer, dass ich absolut dafür bin, wichtige Dokumente (und die Mitteilung ist eine solche, so wie auch die Prüfberichte für die nationale Kontrollbehörde solche sind) stets übersetzen zu lassen.

    Beim operationellen Programm bin ich verblüfft, ich dachte das wird immer in einem Dutzen eu Sprachen von der Kommission übersetzt, aber vermutlich täusche ich mich da. Und die Karte ist…. lol.

    Aber: es gibt ja Aufwind. Nach dem Wechsel an der Führungsspitze der ESF Behörde haben wir nun einen frischen und unverbrauchten Neuzugang. Vielleicht gelingt es ihm, diese und alle anderen Mißstände aufzuräumen.

    Die 40 Millionen bleiben aber leider futsch. Was für ein uninteressanter Skandal.

    1. pérvasion avatar

      Das Logo ist ein Versehen, die ESF-Dienststelle dankbar und die Karte »lol«. Die Hoffnung stirbt natürlich zuletzt. Ich bewundere deine Fähigkeit, überall quasi Ausnahmen zu Orten, auch wenn vor lauter Ausnahmen schon weit und breit keine Regel mehr zu sehen ist. Ich meine das ernst, leider fällt mir solche Selbsttäuschung schwer.

      1. Christoph Moar avatar
        Christoph Moar

        Das Logo ist ein Versehen, die ESF-Dienststelle dankbar und die Karte »lol«. Die Hoffnung stirbt natürlich zuletzt.

        Das logo allein, lieber Simon, bietet mir nicht genügend Anhaltspunkte um eine Verschwörung zu erkennen. Sollte unschwer zu erkennen sein, wenn man deinen Beitrag und meine drei-vier Zeilen darauf liest. Nicht mehr, nicht weniger. Der Rest ist Interpretation.

        Die ESF Dienststelle ist eine Katastrophe. Mir schmerzen die 40 Mio brutalst. Ca. 500 euro davon zahle ich in meiner Familie. Die Schuld haben keine hochbezahlten Manager, sondern die akademischen Mitarbeiter. Die Aufarbeitung ist dürftig, den Schaden deckt die Allgemeinheit. Die einzige (!) ESF-Stelle in ganz Italien, deren Mittel zurückgefordert werden, sind wir. Das Studienobjekt ESF Dienststelle ist damit dankbar, ja, weil es ein unheimlich breites Spektrum an Missständen gibt, die dort angefallen sind. Die für dich mangelhaften Übersetzungen mit eingezählt, schrieb ich dort oben.

        Ich bewundere deine Fähigkeit, überall quasi Ausnahmen zu Orten, auch wenn vor lauter Ausnahmen schon weit und breit keine Regel mehr zu sehen ist. Ich meine das ernst, leider fällt mir solche Selbsttäuschung schwer.

        Eine sachliche Diskussion auf eine persönliche Ebene zu überführen hinterlässt einen seltsam Eindruck, zumal in Verbindung mit einem Wort der Konnotation wie Selbsttäuschung. Was ist dein tiefere Sinn damit?

    2. pérvasion avatar

      Ich hab mir jetzt was weniger Dankbares als die ESF-Dienststelle angeschaut:

      Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Entwicklung (EFRE):

      • Evaluierung: Alles nur auf Italienisch.
      • Jahresberichte: Alles nur auf Italienisch.
      • Seminarunterlagen: Zur Hälfte zweisprachig, zur Hälfte nur auf Italienisch. Vademecum nur auf Italienisch.
      • Programmzeitraum 2014-2020: Operationelles Programm »vorübergehend« nur auf Italienisch, Strategiepapier »vorübergehend« nur auf Italienisch, weitere 14 Unterlagen nur auf Italienisch, drei nur auf Deutsch.

      Fonds für Entwicklung und Kohäsion (FSC):

  3. hunter avatar
    hunter

    ich denke, pervasions “nationalstaatliche logik”-argument hat was für sich. da geht es weder um versehen, schlampigkeit oder absicht. diese logik ist irgendwie so inhärent, dass sie zum automatismus wird.

    http://www.alpinestrategy.eu/country-participation.html (vergleiche dazu die bezeichnungen in der schweiz – einem land mit “mehrsprachigem quellcode”)

    http://www.alpine-space.eu/information-center/contacts/alpine-space-contact-points/italy/ (we speak your language – wollen wir wetten nicht?)

    http://www.alpine-space.eu/about-the-programme/asp-2007-2013/cooperation-area/

  4. pérvasion avatar

    Interessant ist ja auch, dass es jeweils »nationale« Treffen zur Alpenregion gibt, Kompatscher war hierfür erst neulich mit den Vertretern der italienischen (Alpen-)Regionen in Mailand bei Roberto Maroni. Es wird schon noch so weit kommen, dass Nord- und Südtirol über Mailand (und München?) miteinander kommunizieren… am besten mithilfe eines Dolmetschers.

  5. Stephan Mair avatar
    Stephan Mair

    Ich schlage mich im Moment mit der “Fatturazione elettronica” rum.
    Laut Gesetz dürfen Lieferanten ab 31.03.15 den öffentl. Ämtern nur mehr elektron. Rechnungen schicken, die mit elektr. Unterschrift versehen sind. Diese Rechnungen im XML Format dürfen nur über eine vorher registrierten Weg versendet werden und gehen zuerst nach Rom zur formalen Kontrolle und werden von dort aus dem Endempfänger zugestellt.
    Die zuständigen Websiten die einem die genaue Vorgehensweise erklären sollten sind wie zu erwarten nur in Italienisch und Englisch(!).

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