Phillip Achammer, Parteiobmann der SVP und Landesrat der Südtiroler Landesregierung, dementiert eine Abkehr vom Ziel der Vollautonomie. berichtete am 18. Jänner 2015 über eine Veranstaltung in der Cusanus-Akademie in Brixen, wo Landeshauptmann Kompatscher laut Tageszeitung A. Adige die Vollautonomie als Illusion bezeichnete.
Wir nehmen das Dementi zur Kenntnis und bedauern das Missverständnis. Laut Achammer sei Kompatschers Aussage aus dem Zusammenhang gerissen worden. Hierzu folgendes:
Es ist zwar für die Richtigkeit unserer Schlussfolgerungen, im Prinzip aber nicht für die reale Politik der SVP ausschlaggebend, ob der Landeshauptmann nun eine völlige Abkehr von der Vollautonomie gemeint hat oder dieses Ziel für die SVP weiterhin aktuell bleibt. Die SVP hält ja in bestimmter Weise auch an der Selbstbestimmung fest, da diese als abstrakter Begriff immer noch Teil des Parteistatutes ist. Je nach Anlass greift man auf dieses Prinzip zurück, ohne dass dies jemals konkrete Auswirkungen hätte.
Welche Auswirkungen hat es nun auf die konkrete Politik, wenn die SVP zumindest offiziell keine Abkehr vom Ziel Vollautonomie vollzieht? Gemessen an den Ergebnissen der letzen vier Jahre: Keine. Man war bisher nicht einmal in der Lage ein ernstzunehmendes Arbeitspapier zum Thema Vollautonomie bzw. Autonomieausbau auf die Beine zu stellen. Zudem wurde in Rom anscheinend noch nie über das Ziel Vollautonomie verhandelt. So gesehen wäre eine Abkehr von der Vollautonomie zumindest konsequenter gewesen.
In seiner Stellungnahme bedient sich Achammer zudem einer etwas sonderbaren Rhetorik. Hier ein Auszug aus SüdtirolNews vom 21.01.2015:
Bei einer Veranstaltung des Brixner PD zur Autonomie vergangene Woche hatte Landeshauptmann Arno Kompatscher auf die Frage des Moderators, ab wann Südtirol alles entscheiden könne, geantwortet, dass man nie wird alles entscheiden können. Auch die EU-Mitgliedsstaaten könnten nicht alles entscheiden. Und wenn man die Vollautonomie in diesem Sinne verstehen wolle, dann werde es diese nie geben. Sehr wohl würde Südtirol aber die größtmögliche Entscheidungskompetenz im Rahmen des europäischen Mehrebenensystems und somit auch einen möglichst weiten Autonomierahmen anstreben.
Diesbezüglich einige Festestellungen:
- Es ist völlig klar, dass souveräne, unabhängige Staaten niemals völlig losgelöst von internationalen Abkommen, Verträgen und Mitgliedschaften agieren können. Trotz diesen Einschränkungen der staatlichen Souveränität verfügen unabhängige Staaten in jedem Falle über mehr Gestaltungsspielraum, als jede Art von Vollautonomie jemals bieten kann. Zudem verfügen souveräne Staaten in den meisten internationalen Gremien, die gleichzeitig Einschränkungen der staatlichen Souveränität bedingen, wenigstens über ein Mitspracherecht auf Augenhöhe. Nicht umsonst unterstrich Prof. Nagel von der Universität Barcelona am 3. Oktober 2014 an der Eurac in Bozen, dass Katalonien spätestens im Zuge der Finanzkrise schmerzlich feststellen musste, dass an allen wichtigen Verhandlungen nur souveräne Staaten gleichberechtigt mitreden durften.
- Das Prinzip der Einschränkung der staatlichen Souveränität wird dazu verwendet, um damit das Prinzip der Vollautonomie einzuschränken. Abgesehen davon, dass jede Art von Vollautonomie immer weniger Einfluss bedeuten wird als staatliche Souveräntät — und dies wohl auch jedem klar ist — kommt es darauf an, was die SVP unter größmöglicher Entscheidungskompetenz versteht. Ersetzen die Begriffe wie “größtmögliche Entscheidungskompetenz” und “europäisches Mehrebenensystem” den Begriff “Vollautonomie”?
- Unabhängig von Stellungnahmen und tagespolitischen Statements zählen glaubwürdige Projekte und Ergebnisse. Was versteht die SVP unter größtmöglicher Entscheidungskompetenz? Welche Zuständigkeiten strebt die SVP im Rahmen der größtmöglichen Entscheidungskompetenz an? Wer sorgt in Europa dafür, dass das sogenannte Mehrebenenmodell, ich gehe davon aus, darunter versteht man die drei Ebenen EU – Nationalstaat – Region, mit Leben erfüllt wird? Anzeichen, dass die Ebene der Region im europäischen Kontext aufgewertet wird gibt es leider nicht. Ganz im Gegenteil. In Frankreich, immerhin einem der wichtigsten EU-Mitgliedsstaaten, sollen Regionen ohne jegliche Rücksicht auf historische Tradition oder Bevölkerungswillen zu Großregionen zusammengelegt werden.
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