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Mehrsprachige Normalität.

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ai

Ich war kürzlich wieder in der Schweiz und habe bei dieser Gelegenheit in Zürich an einer beliebigen, kleinen Tankstelle einige Fotos für geschossen. Es handelt sich um ein äußerst banales Beispiel, doch die Auswirkungen dessen, was wir einen »mehrsprachigen Quellcode« nennen, zeigen sich gerade in ihrer Banalität und Alltäglichkeit am deutlichsten.

Dass die Schweiz ein von Grund auf mehrsprachiger und vielfältiger Staat ist, wirkt sich — wie die Bilder zeigen — auch auf einsprachige Städte und Gebiete wie Zürich wohltuend pluralisierend aus. Alle Schweizerinnen, ob sie nun in mehrsprachigen Kantonen leben oder nicht, kommen jeden Tag mit den anderen Landessprachen in Kontakt, was

  • unmittelbar eine positive Kontamination darstellt und
  • mittelbar Verständnis, Bewusstsein und Freiraum für andere Sprachen und Kulturen schafft.

Bilder zum Vergrößern anklicken.

In den angrenzenden Ländern geschieht das genaue Gegenteil. Staaten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich definieren sich »national«: Eine Sprache (und Kultur) wird zur Norm erhoben, etwaige andere Sprachen nur noch als Normabweichung wahrgenommen und (mal besser, mal schlechter) als solche behandelt. Während das Schweizer Selbstverständnis (wie soeben dargelegt) selbst auf monolinguale Regionen pluralisierend wirkt, ruft die »nationalstaatliche Logik« der umliegenden Staaten — auch in mehrsprachigen Landesteilen (wie Südtirol) — eine nach unten nivellierende Homogenisierung und Uniformierung hervor. Ebenfalls banale Beispiele wie Tankstellen, Produktetiketten, Packungsbeilagen, öffentliche Dienste und vieles mehr führen uns das hierzulande täglich vor.

Auch und vor allem um einen institutionellen Rahmen zu schaffen, der unsere mehrsprachige Realität unterstützt und fördert — anstatt sie zu behindern — setzen wir von uns für die Unabhängigkeit vom Nationalstaat ein.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 || 01



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Comentârs

14 responses to “Mehrsprachige Normalität.”

  1. stonerblues avatar
    stonerblues

    Ich könnte mich jetzt über das Fehlen des Rätoromanischen als vierte Amtssprache beschweren, aber verglichen mit der Situation in Südtirol wäre das Kritik auf überirdischem Niveau.

    1. Simon avatar

      Man könnte und sollte das durchaus tun. Doch das Rätoromanische findet auf diesem »mehrsprachigen Substrat« im Kanton Graubünden gebührenden Platz in der Öffentlichkeit. Die Sprache wird seit Annahme der Lescha da Linguas (Sprachengesetz) sogar asymmetrisch gefördert (sprich: positiv diskriminiert), weil sie eben besonderen Schutzes bedarf. Eine positive Diskriminierung gibt es hierzulande weder für die deutsche noch für die ladinische Sprache.

      Darüberhinaus sind etwa die Internetseiten des Bundes [1] [2] auch in rätoromanischer Sprache vorhanden, die BürgerInnen dürfen sich auf Rätoromanisch an die Bundesbehörden in Bern wenden — alles Rechte, die jene der deutsch- und der ladinischsprachigen Südtiroler bei weitem übersteigen.

      1. stonerblues avatar
        stonerblues

        Ja, ich weiß, dass es hierzu – in zweierlei Sinne – ordentliche Maßnahmen gibt. Schweizer Offizielle verweisen aber immer wieder gerne auf die “angeborene” Mehrsprachigkeit der Rätoromanen, wenn man sie auf das fehlende Rätoromanisch hinweist, z.B. auf Zigarettenschachteln, was ich jedoch verwerflich finde, da man diese Mehrsprachigkeit z.B. bei Deutschschweizern oder Welschländern nicht voraussetzt.
        Erinnert mich ein wenig an die Situation in Südtirol, wo die Kenntnis des Italienischen als selbstverständlich empfunden wird, weil ja eh “alle zweisprachig aufwachsen”, die Kenntnis des Deutschen und/oder Ladinischen jedoch grundsätzlich verzichtbar ist.

      2. Simon avatar

        Ich kann nicht beurteilen, worauf verwiesen wird — Fakt ist aber, dass das Rätoromanische in der Schweiz auf Bundesebene wesentlich präsenter ist, als jede (große oder kleine) Minderheitensprache in Frankreich, Deutschland, Italien oder Österreich auf gesamtstaatlicher Ebene. Außerdem ist es auf kantonaler und kommunaler Ebene präsenter, als das Ladinische in Südtirol.

  2. rüegg avatar
    rüegg

    Stimmt aber nicht ganz. Auch in D gibts Beschilderungen (auch auf der Autobahn) in Minderheitsgebieten (Sorben) zweisprachig. In AUT da wo es eine slowenische Minderheit gibt.

    1. Simon avatar

      Ich hätte nicht gedacht, dass es so schwer ist, die Aussage meines Artikels zu erfassen — die da im Kern wäre: Während in Nationalstaaten das Einsprachige in das Mehrsprachige hineinstrahlt, strahlt in mehrsprachigen Ländern das Mehrsprachige in das Einsprachige hinein. Letzteres ist (z.B.) in Deutschland, Italien, Österreich und Frankreich eben nicht der Fall.

      1. Libertè avatar
        Libertè

        Österreich als Nationalstaat, trifft nicht unbedingt meine Meinung.

      2. hunter avatar
        hunter

        österreich ist nach streng “nationalen” kriterien kein nationalstaat. dennoch gab es so etwas wie ein “nation building” in österreich und der normierende anspruch dieses prozesses ist durchaus gegeben. so – denke ich – ist das von simon gemeint.

      3. m.gruber avatar
        m.gruber

        “Eine Sprache (und Kultur)” … trotzdem hättste das mit der Kultur wecklassen können … vor EINE KULTUR graußt mir nämlich … das ist nicht mal in Diktaturen so.

      4. Libertè avatar
        Libertè

        Diese Natiom Building wäre auch in Südtirol, der EUREGIO, nötig

      5. Simon avatar

        Es geht ja nicht drum, was mir gefällt und was dich graust, sondern darum, was Realität ist… und da erheben Nationalstaaten — implizit oder explizit — den Anspruch, Menschen derselben Sprache und Kultur zusammenzufassen.

      6. m.gruber avatar
        m.gruber

        […] und da erheben Nationalstaaten — implizit oder explizit — den Anspruch, Menschen derselben Sprache und Kultur zusammenzufassen.

        Das hör ich zum ersten mal und ganz ehrlich glaub ich das nicht. Wo steht denn, dass Kultur ein Kennzeichen eines Staates sei? Ich meine … man tut sich ja schon in Anthropologie, Soziologie, Musik, Kunst und Architektur mit einer Definition des Kulturbegriffs recht schwer, also vermute ich mal, dass Kultur kein Merkmal eines Staates ist.

        Wikipedia gibt mir übrigens schon mal recht.

      7. Simon avatar

        Wikipedia gibt mir übrigens schon mal recht.

        Ich zitiere aus dem Wikipedia-Eintrag »Nationalstaat«:

        Entstehende Nationalstaaten sollen – so die Anhänger der Nationalstaatsidee – die wesentlichen Teile des staatstragenden und meist auch namensgebenden Volkes in sich vereinen. Dabei soll der staatstragende Teil der Bevölkerung sich einer gemeinsamen Kultur oder Tradition verbunden fühlen. Idealtypisch gehören einem Nationalstaate alle Angehörigen eines Volkes und auch nur Angehörige dieses Volkes oder Kulturkreises an.

  3. Kaktus avatar
    Kaktus

    1. Ihre Behauptung wo was hinstrahlt ist doch absurd und entbehrt jeglicher Argumentation.

    2. Zitat: “Es geht ja nicht drum, was mir gefällt und was dich graust, sondern darum, was Realität ist… und da erheben Nationalstaaten — implizit oder explizit — den Anspruch, Menschen derselben Sprache und Kultur zusammenzufassen.”

    Diese Aussage ist ebenfalls falsch. Kein Nationalstaat toleriert Minderheiten.
    Nationalstaaten entstanden aus dem Zusammenschluss (frei oder willkürlich) von gleichen oder sehr ähnlichen Völkern und nicht aus grundverschiedenen Völkern.

    3. Diese Mehrsprachigkeit wurde den Südtirolern in den letzten 90 Jahren systematische vom Staat aufgezwungen. Südtirol hatte einen Anteil von 3% Italienern.
    Heute den annektierten, überfahrenen Tirolern südlich des Brenners eine Mehrsprachigkeit als “gerecht” aufzwingen ist ein erneutes Kulturverbrechen an der Tiroler Bevölkerung.

    4. Ob Mehrsprachigkeit “wohltuend pluralisierend” ist, wie sie meinen, lassen sie bitte das Volk entscheiden.

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