Der Präsident des italienischen Fußballverbands (FIGC), Giancarlo Abete, war am 24. Juni von seinem Amt zurückgetreten, als die italienische Elf in der Vorrunde von der Weltmeisterschaft in Brasilien ausschied. Die Wahl seines Nachfolgers wurde für kommenden Montag, den 11. August angesetzt.
Als Favorit für das Amt wird Abetes bisheriger Stellvertreter Carlo Tavecchio gehandelt — doch die Personalie ist alles andere als unumstritten. Nicht genug, dass der 71jährige aufgrund von Steuerdelikten, Hinterziehung von Sozialbeiträgen und Umweltsünden bereits fünfmal rechtskräftig verurteilt wurde. Darüberhinaus machte er während der letzten Wochen auch noch mit rassistischen und sexistischen Aussagen auf sich aufmerksam: In erstklassigen italienischen Vereinen wie Lazio Rom, kritisierte er, spielten ausländische Fußballspieler, die eben noch Bananen gegessen hätten. Und über Frauen habe man noch bis vor kurzem gedacht, sie seien fußballerisch im Vergleich zu Männern »behindert«. Da man nun aber wisse, dass dies nicht stimmt, werde man fortan ihre »ästhetischen Vorzüge« im Fußball zur Geltung bringen. Der internationale Fußballverband FIFA ordnete dringende Ermittlungen zu den Aussagen des designierten Verbandspräsidenten an, mehrere Erstligisten sagten ihm umgehend ihre Unterstützung ab.
Trotzdem hat der Herr vor allem dank Vereinen aus niedrigeren Ligen nach wie vor beste Chancen, am Montag zum FIGC-Präsidenten gewählt zu werden.
Selbst wenn Italiens Fußball kein eklatantes Rassismusproblem hätte, dürfte die Kandidatur von Tavecchio nach obigen Aussagen eigentlich vom Tisch sein. Doch angesichts der Tatsache, dass
- Fanclubs in Italien häufig von (z.T. gewaltbereiten) rechtsextremistischen/faschistischen Gruppierungen unterwandert sind;
- Diskriminierungen, Beleidigungen und Pfeifkonzerte gerade gegen dunkelhäutige Spieler an der Tagesordnung stehen (und übrigens nicht selten gerade Bananen als Symbol der Geringschätzung missbraucht werden);
- selbst zahlreiche Spieler der Serie A zumindest mit extremistischen Positionen kokettieren, wenn sie sie nicht gar öffentlich vertreten;
wäre ein Verbandspräsident, der auch nur den leisesten Zweifel an seiner demokratischen und antifaschistischen Haltung aufkommen lässt, ein völlig falsches Signal.
Walter Baumgartner, Präsident des FC Südtirol und ehemaliger SVP-Landtagsabgeordneter, hat nun öffentlich mitgeteilt, er werde am Montag Carlo Tavecchio seine Stimme geben, denn er habe das bessere Programm vorgelegt, als Herausforderer Albertini. Auf Tavecchios Äußerungen angesprochen, sagte Baumgartner, er habe sich doch bereits dafür entschuldigt.
Als Vertreter einer Minderheit sollten wir Südtiroler in Hinsicht auf Diskriminierungen aber eine besonders hohe Sensibilität an den Tag legen und hätten die politisch-moralische Verpflichtung, klare Grenzen aufzuzeigen. Eine Stimme des FC Südtirol für eine zweifelhafte Person wie Tavecchio wäre demzufolge beschämend und durch nichts zu entschuldigen.
Scrì na resposta