→→ Autorinnen →→ Gastbeiträge →→

Zwei Beobachtungen und ein Vorschlag.

Autor:a

ai

Nach der geschlagenen Schlacht werden die Europawahlen nun bis zum Mond hinauf- und wieder herunteranalysiert. Gibt es einen Rechtsruck oder gibt es keinen? Was tun mit Front National und UKIP? Sind 0,9 Prozentpunkte mehr Wahlbeteiligung tatsächlich ein Quantensprung? Wird Juncker Kommissionspräsident?

Zu diesen großen Fragen tun sich immer auch Nebenfronten auf, die meist aussagekräftigere Schlüsse anbieten als so manche messerscharfe Analyse.

  • Im Vorfeld der Wahl schickten die europäischen Parteibündnisse Spitzenkandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten ins Rennen. Es hieß, dass jene Partei, die am meisten Stimmen einfährt, den Präsidenten stellen darf. Nun ist dieser Erfolg der EVP gelungen. Man kann von Jean-Claude Juncker halten was man will (ich für meinen Teil halte von ihm nicht sonderlich viel), aber das Wahlergebnis ist eindeutig. Doch ausgerechnet die eigenen »Parteifreunde« melden jetzt Zweifel an und intrigieren gegen den Luxemburger. Ein bizarres Demokratieverständnis, das die Konservativen hier an den Tag legen. Und eine eindeutige Botschaft an alle Europäer: Wählt’s doch was ihr wollt’s. Am Ende bestimmen die Regierungschefs. Diese Maßnahme stärkt bestimmt nicht das Vertrauen der Bürger in die Demokratiefähigkeit der EU. Aber vielleicht ist es ja gerade das, was bestimmte Politiker in den Nationalstaaten wollen.
  • Seit Ende des 2. Weltkrieges sind 69 Jahre vergangen. Italien hatte in dieser Zeit nicht weniger als 63 Regierungen. Man könnte meinen, die Menschen im Stiefelstaat hätten allen Grund dazu, politikverdrossen zu sein. Dennoch hat Italien nach Luxemburg, Belgien und Malta mit 60 Prozent die dritthöchste Wahlbeteiligung aller EU-Länder. Ein Faszinosum, dem man auf den Grund gehen sollte. Vielleicht findet man in Italien ja die Antwort, wie man der sinkenden Wahlbeteiligung entgegentreten könnte. Während sich in anderen Ländern der Frust durch Nichtbeteiligung äußert (trauriges Negativbeispiel ist die Slowakei mit lächerlichen 13 Prozent), geht man in Italien weiter relativ fleißig wählen. Wenn es nach mir ginge, würde ich es mit einem Radikalvorschlag versuchen: Die jedem Land zustehenden Sitze sollen ihm nicht in jedem Fall und ungeachtet der Wahlbeteiligung zustehen, sondern unter Berücksichtigung des tatsächlichen Wähleranteils neu gewichtet werden. Das heißt, wenn in der Slowakei nur 13 Prozent wählen gehen, verliert sie einen Teil der ihr zustehenden Sitze an Länder, in denen die Wahlbeteiligung überdurchschnittlich hoch war. Wenn sich in der Slowakei 87 Prozent der Leute nicht für das Europaparlament interessieren, dann sollte zusätzlicher Platz für Vertreter entstehen, die aus Ländern kommen, wo die Wahlbeteiligung höher war. [In einem regionalisierten Europa, wie wir es uns wünschen, sollte dasselbe statt für die Nationalstaaten einfach für die gesamteuropäischen regionalen Wahlkreise gelten.]


Einen Fehler gefunden? Teilen Sie es uns mit. | Hai trovato un errore? Comunicacelo.

Comentârs

8 responses to “Zwei Beobachtungen und ein Vorschlag.”

  1. Flo avatar
    Flo

    Dennoch hat Italien nach Luxemburg, Belgien und Malta mit 60 Prozent die dritthöchste Wahlbeteiligung aller EU-Länder.

    Das hat mMn noch immer mit der einst bestandenen Wahlpflicht bzw. den Nachwehen zu tun. Und drei mal darf man Raten, wieso die Wähler in Luxemburg und Belgien so fleißig waren…

    Die jedem Land zustehenden Sitze sollen ihm nicht in jedem Fall und ungeachtet der Wahlbeteiligung zustehen, sondern unter Berücksichtigung des tatsächlichen Wähleranteils neu gewichtet werden.

    Ein sicher diskussionswürdiger Vorschlag, aber ich glaube nicht, dass das die Wähler übermäßig motivieren würde. Außerdem würden die Nationalstaaten zuerst die Gewichtung der Sitze nach wirklichen Einwohnerzahlen einführen (im Moment hat Malta 1 Abgeordneten pro 68.833 Einwohner, Frankreich, hingegen, nach dem Lissabonvertrag unglaubliche 874.514) als deinen, wenn auch sehr sympathischen Vorschlag…

    1. Harald Knoflach avatar
      Harald Knoflach

      In der Tat könnte man diesen Zusammenhang herstellen. In Belgien und Luxemburg (Griechenland auch, glaube ich) besteht nach wie vor Wahlpflicht. Verstöße werden aber nicht sanktioniert.
      In Belgien und Luxemburg ist bestimmt auch die “Nähe” der EU und die Bedeutung der Institutionen dort ausschlaggebend.
      Ein Argument, das gegen deine Vermutung spricht ist das Bundesland Tirol. Dort wurde die Wahlpflicht erst 2004 abgeschafft. Die Beteiligung ist jedoch mit 35 % im Österreichvergleich unterdurchschnittlich und fast nur halb so hoch wie in Italien.

  2. Andrea Catalano avatar
    Andrea Catalano

    Al di là¡ del risultato elettorale eccellente dei partiti anti-UE in Francia, UK, Danimarca, Austria e tutto sommato anche Olanda, bisogna prendere in considerazione l’alto grado di euroscetticismo nei vari Stati a prescindere dall’orientamento politico. Questo spiega ad esempio il fatto che in Francia l’elettorato del Front National o in Gran Bretagna l’elettorato dell’UKIP rappresenta solo una parte della reale quota di euroscettici. La maggioranza di euroscettici inglesi e francesi non ha votato perché verosimilmente non essendo gente di destra non ha trovato un partito corrispondente al proprio orientamento politico visto che gli altri partiti sono tutti pro-UE. Ad esempio in Francia la percentuale di euroscettici era attestata al 56% (nel 2012) e in Gran Bretagna all’80% sempre nel 2012. Oggi tali valori sono certamente piú alti.
    In Italia poi essendo che solo la Lega (secessionista e quindi non a base nazionale) é un partito veramente euroscettico (M5S NON lo é) e mancando totalmente un partito conservatore di centro-destra nazionale euroscettico, questo spiega il risultato. Esiste una enorme discrepanza tra l’euroscetticismo reale e il grado con cui esso puó esprimersi politicamente. Ma il trend ormai é questo, si va verso la dissoluzione della UE…a partire da nord.

    1. pérvasion avatar

      Toll, was du alles weißt. Jetzt also auch wie die Leute gewählt hätten, wenn sie hätten wählen können, was sie hätten wählen wollen. Da erblasst jeder Meinungsforscher.

    2. pérvasion avatar

      In Italia poi essendo che solo la Lega (secessionista e quindi non a base nazionale) é un partito veramente euroscettico (M5S NON lo é) e mancando totalmente un partito conservatore di centro-destra nazionale euroscettico, questo spiega il risultato.

      Was ist mit den Neofaschisten von Fratelli d’Italia?

      1. Andrea Catalano avatar
        Andrea Catalano

        Praticamente non hanno fatto campagna elettorale e hanno detto di votare Lega.

  3. proEuregio avatar
    proEuregio

    … proEuregio erlebt gerade ein Nationengehabe das man meinen möchte das Ende der EU ist gekommen! Aber Hauptsache es ist alles schön in Nationen eingeteilt!
    All den Daumen-nach-unten sei das Robert-Menasse-Interview in der aktuellen ff empfohlen ! !

  4. Harald Knoflach avatar
    Harald Knoflach

    auf den Punkt gebracht:

Scrì na resposta

Your email address will not be published. Required fields are marked *

You are now leaving BBD

BBD provides links to web sites of other organizations in order to provide visitors with certain information. A link does not constitute an endorsement of content, viewpoint, policies, products or services of that web site. Once you link to another web site not maintained by BBD, you are subject to the terms and conditions of that web site, including but not limited to its privacy policy.

You will be redirected to

Click the link above to continue or CANCEL