Auch wenn man sich um eine zurückhaltende Einschätzung bemüht, muss man feststellen: Es gibt eine kritische Masse an Menschen in den Regionen Donezk und Lugansk, die nicht mehr in der Ukraine leben wollen.
– Julia Smirnova, (Welt Online).
Freilich genügen die Referenden in der Ostukraine nicht demokratischen Standards. Natürlich sind sie überhastet im Zuge eines Ausnahmezustandes organisiert worden und unter dem Eindruck gewalttätiger Aktionen zustandegekommen. Was da passiert ist, ist Scheindemokratie.
Dennoch ist die lapidare Reaktion des Westens – “Wir erkennen das Referendum nicht an. Punkt.” – heuchlerisch und kurzsichtig zugleich. Heuchlerisch, weil man eine ebenfalls illegal – da verfassungswidrig – zustandegekommene Regierung in Kiew ziemlich schnell anerkannt hat. Kurzsichtig, weil eine derartig vereinfachende Haltung der Situation in der Ostukraine überhaupt nicht gerecht wird.
Das Referendum nicht anzuerkennen ist legitim und richtig (vorausgesetzt man handelt in anderen ähnlichen Fällen kohärent). Ein Gradmesser für die Befindlichkeiten im Osten des Krisenstaates ist das Referendum aber allemal. Selbst wenn Menschen mit sozialem bis physischem Druck gezwungen wurden, mit “Ja” zu stimmen und die “Nein-Sager” zu Hause geblieben sind, bleibt das, was Smirnova schreibt, übrig: nämlich eine kritische Masse, die nicht Teil der Ukraine sein will.
Diese Masse zu ignorieren bzw. die Separatisten als “ein paar terroristische, von Russland gelenkte Spinner” abzutun, ist brandgefährlich. Der einzige Ausweg aus der derzeitigen Situation führt über Diplomatie und Demokratie. Der Ausschluss von Verhandlungen und das Ignorieren der Befindlichkeiten der Bevölkerung sind die falschen Strategien.
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