Jene der Präfektin (oder Regierungskommissärin) ist wohl die am meisten unterschätzte Position im Lande: Obwohl sie nicht demokratisch gewählt wird, übt sie eine Fülle an Zuständigkeiten aus, die in vielen Fällen die des Landeshauptmanns übersteigt. Vom Proporz ausgenommen und nicht zur Zweisprachigkeit verpflichtet — weshalb sie meist die größte Landessprache gar nicht beherrscht — ist es ihre ausdrückliche Aufgabe, die Interessen Roms zu vertreten. Damit ist sie Ausdruck eines stark zentralistischen Staatsverständnisses und wird hierzulande nicht zu Unrecht oft als »Wachhund des Staates« bezeichnet. Dass es selbst in Italien auch ohne sie geht, zeigt die Region Aoûta/Aosta, wo die Funktion der Präfektin an die Regionspräsidentin übertragen wurde.
Auch die Praxis bei der Ernennung der Präfektinnen macht eine sehr zentralistische Auffassung des Amtes deutlich: In Spanien, wo es ein ähnliches, wenngleich deutlich weniger mächtiges Amt gibt, werden — zumindest in mehrsprachigen Regionen — fast ausschließlich »Einheimische« zu »Regierungsdelegierten« ernannt, die dann auch die regionalen Sprachen sprechen und mit den örtlichen Besonderheiten vertraut sind. Nicht nur, dass hier hingegen nie eine Südtirolerin zur Regierungskommissärin ernannt wurde, auch auf (die gesetzlich wie erwähnt nicht zwingend vorgeschriebene) Zweisprachigkeit wurde nie Wert gelegt. Darüberhinaus werden Präfektinnen meist in derart kurzen Abständen ausgetauscht, dass sie selbst bei gutem Willen kaum die Möglichkeit hätten, sich gute Deutsch- und/oder gar Ladinischkenntnisse anzueignen.
Seit Jahr(zehnt)en wird in Südtirol großmehrheitlich gefordert, das Regierungskommissariat abzuschaffen und die Zuständigkeiten der Präfektin auf den Landeshauptmann zu übertragen, was noch keine Vollautonomie, aber ein notwendiger Schritt dahin wäre. Vergeblich. Den Willen dazu hat der Landtag heute einmal mehr in einem Antrag zum Ausdruck gebracht, der mit 27 Ja- und nur 3 Neinstimmen (Urzì, Tommasini, Bizzo) angenommen wurde.
Freilich sind Beschlussanträge ziemlich zahnlose Tiger, werden sie doch häufig als reine Willensbekundungen des Landtags aufgefasst. Eigentlich hätte die Landesregierung jetzt den Auftrag, mit Rom in Verhandlungen zu treten. In Vergangenheit wurden solche Anträge jedoch mehr oder minder ignoriert — auch wenn sie, wie heute, von der SVP unterstützt wurden. Nachdem Matteo Renzi (PD) jedoch angekündigt hat, trotz seines zentralistischen Kurses die Präfekturen abschaffen zu wollen, könnte es diesmal eine kleine Chance geben, den Wachhund loszuwerden.
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