Ich habe ein neues Auto im EU-Ausland erworben und selbst importiert: Zumal der ausländische Händler nur Vorkasse oder Barzahlung akzeptiert — und mir ersteres zu riskant erscheint — muss ich das Geld vom Konto holen. In der Bank sagt man mir, wenn mich jemand begleitet, sollten wir uns das Geld physisch aufteilen, damit ich bei einer eventuellen Kontrolle keine Probleme bekomme. Die Obergrenze für die Bargeldausfuhr betrage (im angeblich grenzenlosen Europa) 9.999,- Euro pro Person.
Da ich jedoch nach erfolgter Einfuhr bei der Agentur der Einnahmen die italienische Mehrwertsteuer bezahlen muss, wird man mich dort möglicherweise fragen, wie ich denn das Bargeld ins Ausland gebracht habe; und da würde man die Erklärung, der Betrag sei zur Umgehung der Vorschriften auf zwei Personen aufgeteilt worden, wohl nicht gerne hören. Ich beschließe also, die Finanzpolizei anzurufen, wo man mich darüber aufklärt, dass ich die Ausfuhr von Bargeld mindestens 48 Stunden vor Grenzüberschreitung beim Zoll oder in einer Bank melden muss — davon wusste die Bankangestellte offenbar nichts. Das ist ein Problem, da ich am nächsten Tag einen Termin beim ausländischen Autohaus habe. Nichts zu machen, den Termin müsse ich wohl verschieben, heißt es — bevor der freundliche, zweisprachige Beamte gesteht, dass er und sein gerade anwesender Kollege sich da gar nicht so sicher sind. Ich solle mich doch etwas später noch einmal melden. Da erklärt mir der Finanzer dann, die Norm sei inzwischen geändert worden und ich könnte die Bargeldausfuhr auch unmittelbar vor Ausreise beim Zoll in Sterzing deklarieren. Aufatmen.
Fahre ich also am nächsten Morgen Richtung Brenner und suche das Sterzinger Zollamt auf, das sich in einem Container auf dem trostlosen Sadobre-Gelände (»Autohof«) befindet. Das auszufüllende Formular gibt es nur auf Italienisch und Englisch — und obwohl ich meine Daten auf Deutsch eintrage, übersetzt der (ebenfalls freundliche und zweisprachige) Beamte bei der Eingabe der Daten in seinen Rechner alles ins Italienische, einschließlich meiner Adresse. Komisch, ich fahre doch von Sterzing über den Brenner nach Österreich, aber Zweisprachigkeit gilt hier wohl wieder mal nicht.
Nachdem ich schon einige Tage mit meinem Neuwagen samt ausländischem Einfuhrkennzeichen in Südtirol unterwegs war, habe ich mich heute nun endlich zur Agentur der Einnahmen begeben, um die Mehrwertsteuer zu entrichten. Warum ich das muss, ist mir zwar schleierhaft, aber es wird wohl eine europäische Norm geben, wonach Autos (oder Waren ab einem bestimmten Schwellenwert) anders zu behandeln sind, als »herkömmliche« Güter. Grenzenloses Europa eben.
Nach einer Wartezeit von einer knappen Stunde (eine untypisch lange Wartezeit, wie mir die Dame am Schalter mitteilt) bekomme ich einen einsprachigen Stempel auf die Rechnung: Fattura formalmente regolare — nulla osta per l’immatricolazione. Es geht also weiter nach Bozen. Wie man mir gestern telefonisch mitgeteilt hatte, würde ich dann mein Südtiroler Kennzeichen sofort erhalten.
Doch leider stimmt das nicht: Der Freundliche und Zweisprachige im Kraftfahrzeugamt erklärt mir, dass ich meine Nummernschilder erst am Montag abholen kann. Es ginge wohl auch alles an einem Tag, doch dann müsse ich früh morgens im Amt erscheinen und nicht erst um elf. Das hatte mir am Telefon niemand mitgeteilt, genausowenig wie die Tatsache, dass bei Aushändigung der hiesigen Kennzeichen die ausländischen eingezogen werden. Dann allerdings verfällt auch der provisorische Versicherungsschutz, der auf die ausländische Nummer läuft. Wenn ich meine neuen Kennzeichen also (wie telefonisch versprochen) sofort erhalten hätte, hätte ich mein Auto bis zum Abschluss einer neuen Versicherung stehen lassen müssen — auch das hatte mir am Telefon niemand mitgeteilt. Am Montag geht es also mit dem Zug und mit den ausländischen Nummernschildern im Gepäck erneut nach Bozen. Nur gut, dass man sich vorher erkundigt hat.
Auch beim Fahrzeugamt des Landes gibt es übrigens eine Sprache erster Kategorie (die lingua nazionale) und eine Sprache zweiter Kategorie: Das beschränkt sich nicht nur auf die etwas inkonsequente Sprachreihung (mal so, mal so*), sondern geht tatsächlich bis zur fehlenden Zweisprachigkeit. Auf der Einzahlungsbestätigung, einem Ausdruck auf Briefpapier des Landesamtes für Mobilität, steht unter anderem, dass ich von Operatore Nr. 10 (Nummer geändert) bedient worden sei und die Abbuchung (Importo xxx) von meiner Bankomatkarte zugunsten von Motorizzazione 38,4 Pian in via Renon 12 Bolzano gehe. Grazie e arrivederci, Sparkasse – CR Bolzano. Ein Amt des Landes Südtirol und eine heimische Bank kriegen also keine zweisprachige Quittung hin — mit welcher Glaubwürdigkeit wollen wir dann bitte von auswärtigen Akteuren die Zweisprachigkeit einfordern?
Bevor ich den Schalter verlasse weist mich der Beamte noch darauf hin, dass man mich am Montag möglicherweise anrufen werde, falls das System streike. Das Landeskraftfahrzeugamt müsse sich nämlich beim Aci (einem privaten Verein!) in Rom (!) einloggen, um eine freie Kennnummer für mein Fahrzeug zu erhalten, doch das dortige System sei sehr oft nicht erreichbar, »besonders an Montagen«. Klingt vielversprechend, schon nur weil mein Einfuhrkennzeichen dann verfallen würde und ich mein neues Auto dann wieder vorläufig stilllegen müsste.
Mal sehen übrigens, ob wenigstens mein neuer Fahrzeugschein zweisprachig verfasst sein wird. Vor rund neun Jahren, als ich mein letztes Auto zugelassen hatte, war dies nämlich nicht der Fall. Der inzwischen abservierte Landesrat Thomas Widmann (SVP) hatte mir damals schriftlich »versprochen«, dass das System binnen kurzer Zeit umgestellt würde — ich finde, ein knappes Jahrzehnt wäre eine angemessene Frist.
Cëla enghe: 01
*) Bei staatlichen Ämtern habe ich umgekehrt aber noch nie eine andere Sprachreihung gesehen als die »staatlich korrekte« — und sei es im hintersten Tale.
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