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EU-Ausschluss ist Angstmacherei.

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Schon einmal hatte sich Professor Bardo Fassbender, der an der Bundeswehr-Universität in München und an der Universität St. Gallen Internationales Recht doziert, mit der Unabhängigkeit von Schottland und Katalonien befasst. Nun wandte er sich dem Thema in einem Gastbeitrag für die NZZ noch einmal genauer zu.

In seinem Kommentar bezeichnet Fassbender das Argument EU-Ausschluss als »Bangemache«, die in den EU-Verträgen keine Bestätigung finde. Dort nämlich sei der Fall einer Abspaltung genausowenig vorgesehen, wie der Zusammenschluss mehrerer Staaten.

Die Union «achtet» zwar die Wahrung der territorialen Integrität als eine Aufgabe jedes Mitgliedstaats und sichert nach aussen die Integrität der Union. Sie verteidigt aber nicht ihren eigenen Völkern und Bürgern gegenüber die innerhalb der Union bestehenden Staatsgrenzen.

Zwar stimme, dass ein Land, das sich von einem EU-Staat abspalte, nicht automatisch Mitglied der Union bleibe. Ein Beitrittsverfahren wie bei der Aufnahme eines Drittstaates sei jedoch undenkbar, besonders wenn dies — trotz Erfüllung der einschlägigen Kriterien — die Beitrittsverhinderung zur Folge hätte:

Mit dem «Prozess der Schaffung einer immer engeren Union der Völker Europas» (Präambel des EU-Vertrags) ist ein bestrafender Ausschluss eines Volkes, das sich in einem demokratischen und rechtsstaatlichen Verfahren für seine Unabhängigkeit entschieden hat, unvereinbar. Die EU bekennt sich zu den Prinzipien des Völkerrechts, zu denen auch das Recht der Völker auf Selbstbestimmung gehört. Die «Aufforderung an die anderen Völker Europas», sich der Union anzuschliessen (Präambel des Vertrags über die Arbeitsweise der EU), richtet sich auch und gerade an das katalanische Volk nach einer Erlangung der Unabhängigkeit. Die EU ist auf Inklusion, nicht Exklusion angelegt. Dies ergibt sich auch aus Art. 50 EUV, der sogar für den Fall eines freiwilligen Austritts eines Mitgliedstaates aus der Union vorsieht, mit einem Abkommen einen «Rahmen für die künftigen Beziehungen dieses Staates zur Union» festzulegen.

Der Europäische Gerichtshof habe zudem schon 1963 festgestellt, dass nicht nur die Mitgliedsstaaten, sondern auch die Einzelnen als Rechtssubjekte der Union anzusehen seien. Bisherigen EU-Bürgern die 1992 eingeführte Unionsbürgerschaft wieder abzuerkennen, ist deshalb wohl keine Option.

Nichtsdestoweniger würde der etwaige Ausschluss eines Landes wie Katalonien nicht nur gegen europäische Werte, sondern aufgrund seiner Wirtschaftskraft und seiner Rolle als Transitland auch gegen handfeste Interessen der Union verstoßen. (Südtirol ist übrigens wichtigstes Transitland zwischen den zwei G8-Staaten Deutschland und Italien.)

Fassbender kommt zum Schluss, dass die EU im Falle einer katalanischen Unabhängigkeit sogar »auf eine weitere Zugehörigkeit des Landes in der EU drängen« würde.

Cëla enghe: 01 02 03 04 05 06 || 01 02 03



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Comentârs

6 responses to “EU-Ausschluss ist Angstmacherei.”

  1. gorgias avatar
    gorgias

    Da es bis jetzt keine Präzedenzfälle gibt und das (wohl auch bewusst) in den Verträgen nicht geregelt wurde, ist die Lage ungewiss. Natürlich sehe ich die Absurdität, dass das Staatgebiet und dessen Bürger nicht mehr zur EU gehören als unwarscheinlich, auch glaube ich nicht an einem Automatismus der es solchen neuen Staaten erlauben würde als Vollmitglied in allen EU-Organen repräsentiert zu sein.
    Aber jetzt ist mir gerade etwas eingefallen: Wenn es ein positives Sezessionsreferendum gibt, heisst das noch nicht dass man sofort den neuen Staat ausrufen muss, sondern man kann doch vorher mit der EU den Beitritt neu verhandeln und dann mit der formellen Sezession natlos Mitglied in der EU bleiben.
    Ich hoffe Schottland entscheidet sich für die Sezession, nur aus neugierde um zu sehen wie das dann Ablaufen wird.

    1. pérvasion avatar

      Das was dir gerade eingefallen ist, sagt Alex Salmond (schottischer First Minister) bereits seit Monaten: Die schottische Mitgliedschaft könnte man nach einem etwaigen positiven Votum »from within« verhandeln, also noch als Teil des Vereinigten Königreichs. Das sieht Graham Avery, Berater des britischen Parlaments, ähnlich.

      Als Präzedenzfall für Südtirol wäre Katalonien freilich noch interessanter: Wie die italienische verbietet nämlich auch spanische Verfassung eigentlich eine Abspaltung.

    2. pérvasion avatar

      Ebenfalls erwähnenswert: Die EU hat Ende Oktober den Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess mit Kosovo begonnen, und zwar kraft Lissabonvertrags erstmals ohne die ausdrückliche Zustimmung der EU-Mitgliedsstaaten. Dies hat es ermöglicht, das fast sichere Veto jener fünf Staaten, die Kosovo nach wie vor nicht als eigenen Staat anerkennen, zu verhindern. Der Prozess gilt als Vorstufe zum EU-Beitritt.

      Natürlich bräuchten Schottland, Katalonien und Südtirol kein Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen. Doch der neue Handlungsspielraum der Kommission ist ein vielversprechender Fortschritt.

      1. hunter avatar
        hunter

        jein. denn ich bin eigentlich dagegen, der kommission derart viel befugnis zu geben, sie nicht aus dem eu-parlament heraus erwächst.

      2. pérvasion avatar

        Stimmt. Es ist ein Fortschritt im Sinn der Abkehr von der Vormachtstellung der Nationalstaaten. Aber es macht die Demokratisierung der EU umso dringender.

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