Senator Karl Zeller (SVP) mutiert immer mehr zum Wahrheitsminister und macht damit sogar dem dreisten Zahlenverdreher Florian Mussner Konkurrenz. Der Spitzenvertreter einer Partei, die den Südtirolerinnen weismachen will, was realistisch ist und was nicht, hat offenbar größte Schwierigkeiten, die Realität einzuschätzen.
Klar ist: Was realistisch und was unrealistisch ist, lässt sich kaum endgültig beweisen. Vielmehr handelt es sich dabei meist um subjektive Annahmen — schließlich wird ja nicht alles umgesetzt, was realistisch ist, während mitunter sehr wohl verwirklicht werden kann, was zunächst unrealistisch scheint.
Anders als mit dem Realismus verhält es sich mit der Realität: Was real ist und was nicht, lässt sich sehr wohl beweisen. In diesem Fall geht es nicht um Annahmen, sondern um Fakten.
Nun gut, während Herr Zeller also genau wissen will, was realistisch ist (die sogenannte Vollautonomie) und was nicht (die Unabhängigkeit), wiederholt er der Presse gegenüber unentwegt (und ungeniert), dass die bestehende Autonomie unter Premier Letta nicht beschnitten, sondern ausgebaut worden sei. Hierzu der Faktencheck:
- Wie die Südtiroler Wirtschaftszeitung berichtete, hat die Regierung Letta einen zentralen Bestandteil der Südtiroler Handelsordnung angefochten, obschon das Wahlabkommen zwischen SVP und PD das glatte Gegenteil vorgesehen hätte.
- Ebenso bestätigte die Zentralregierung gegen den Willen der Landespolitik die Schließung der Südtiroler Bezirksgerichte.
- Sie weigerte sich außerdem, den von der Vorgängerregierung eingebrachten Rekurs gegen das Toponomastikgesetz zurückzuziehen.
- Regionenminister Delrio und Staatssekretär Girlanda — letzterer sogar mit Verweis auf den ‘Sieg’ im ersten Weltkrieg! — verlangten stattdessen auch noch die Beibehaltung der Trikolorepflicht vor Südtiroler Schutzhütten.
- Vor zwei Wochen wurden außerdem zwei weitere Landesgesetze vor dem Verfassungsgericht angefochten.
Umgesetzt wurde, außer einer hochgespielten Korrektur im Raumordnungsstreit, bis heute kaum etwas von dem, was den Südtirolern versprochen worden war. Die gute Zusammenarbeit mit der Regierung beschränkt sich also einerseits auf Versprechungen (und nicht auf Fakten) und andererseits auf die Express-Verleihung der italienischen Staatsbürgerschaft an SVP-Kandidatin Marie Måwe — wovon die Südtirolerinnen aber nicht viel haben.
Noch im Juli hatte übrigens Senator Zeller davor gewarnt, die Abschaffung der Region zu fordern — da die derzeitige Regierung alles andere als autonomiefreundlich sei.
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