Die Partei NEOS hat bei der Nationalratswahl den Sprung ins Parlament geschafft. Damit weht ein frischer Wind in der österreichischen Politikszene, denn NEOS kann als liberale Neuerung angesehen werden, auch einige Exponenten des Liberalen Forums haben auf der Liste von NEOS kandidiert. NEOS hat den Anspruch einer bürgerlich-liberalen Bewegung:
Wir sind die Mitte. Wir betonen Eigenverantwortung, die Aufklärung und die intellektuelle Redlichkeit. Wir verfolgen sowohl im Bereich der Wirtschaft als auch im Bereich der Gesellschaftspolitik einen liberalen Ansatz”
— Matthias Strolz in der TT vom 01.10.13
Die Freiheitliche Partei Österreichs hingegen hat mit Liberalismus gar nichts zu tun, Ausländerfeindlichkeit und Populismus sind konträr zu liberalen Positionen. Diese Lücke hat nun, nachdem das Liberale Forum seit 1999 nicht mehr im Parlament vertreten ist, die NEOS mit Schwerpunkten gefüllt die auch aus -Sicht als interessant einzustufen sind:
- Direkte Demokratie: Die Bürgerbeteiligung soll gestärkt werden, die Schwelle für eine Volksabstimmung auf 10% gesenkt werden. Neue Formen der Partizipation sollen entwickelt werden.
- Bildung: Schulautonomie stärken, freie Wahl der pädagogischen Modelle, der Lehr- und Lernmethoden, der (über Mindeststandards hinausreichenden) Lehrinhalte und der Mitarbeiterinnen.
- Chancen- und Generationengerechtigkeit: Abbau von Pensionsprivilegien, Rente erst ab 65, Schaffung von Alternativmodellen für den gleitenden Ausstieg.
- Europa: Ziel ist ein europäsicher Bundesstaat, ein Verfassungskonvent soll einberufen werden, Stärkung des Europaparlamentes. Das liberale Forum will die Nationalstaaten abschaffen.
- Familie: Zusammenfassung aller familienbezogenen geldwerten Leistungen (Familienbeihilfe, Kinderabsetzbetrag, Mehrkinderzuschlag und Alleinerzieherabsetzbetrag) zu neuer Familienleistung. Offensive für Ausbau und Qualitätssteigerung von Kinderbetreuung durch Umschichtung der Familienförderung: Schaffung neuer Plätze für unter Dreijährige, Ausbau der Qualität.
Weitere wichtige Punkte sind der Abbau der Staatsschulden, Vereinfachung des Steuersystems, nachhaltiges Wirtschaften.
Dieser Ansatz hat Widerhall gefunden, mit 4,9% und 11 Mandaten wird nun die Bewegung ins Parlament einziehen. Interessant ist auch die Wählerstromanalyse, NEOS hat seine Stimmen vor allem von der ÖVP (61.000) und von den Grünen (57.000) gewonnen.
Das Programm ist für mich vorausschauend und innovativ, endlich wird ernsthaft über die Weiterentwicklung der EU nachgedacht und sogar die Nationalstaaten in Frage gestellt, der Bürger wird ernst genommen und neue Beteiligungsformen gesucht. Die Frage der Generationengerechtigkeit ist bei uns noch gar nicht angekommen, unser verantwortungsloses Verhalten in Bezug auf die Staatsverschuldung zeigt den vorherrschenden Egoismus auf. Dass Wirtschaften auch eine Frage der Gerechtigkeit und Fairness ist, ist in der gesellschaftlichen Mitte auch noch nicht angekommen, zu viele Kategorien zahlen nicht ihre Steuern und denken nur daran, welchen Anspruch sie auf Beiträge haben. Hier bedarf es eines fundamentalen Wandels.
Während in Deutschland und anderen Ländern die sogenannten liberalen Parteien nur ein Schatten ihrer selbst sind und auch dementsprechend abgewählt werden, war es nun höchst an der Zeit, dass wieder echte liberale Positionen in den Vordergrund rücken. Darunter müssen vor allem Bürgerrechte, Transparenz und Fairness fallen. Die FDP in Deutschland hingegen betrieb zuletzt kaum mehr als Klientelismus in Reinkultur, ein falsch verstandener Wirtschaftsliberalismus diente dabei als Vorwand. Die deutschen Grünen hingegen verstanden es nicht, diese liberale Lücke zu füllen, sie wären geradezu prädestiniert diese Rolle einzunehmen, stattdessen verstrickten sie sich in Steuerdebatten und die (vermeintliche) Bevormundung der Bürger durch einen “Veggie Day”.
Leider gibt es in Südtirol kein entsprechendes Pendant zu den NEOS, auch hier könnten die Grünen viel stärker auf die oben genannte Punkte setzen, sie bleiben aber vielfach in den Ansätzen stecken. Beispiel Direkte Demokratie: Hier wird zwar stark die Bürgerbeteiligung gefordert, kaum aber wird eine direktdemokratische Initiative lanciert, die nicht ihren Vorstellung entspricht, wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen (“epic fail”). Das ist nicht wirklich liberal. Beispiel Europa: Statt mit den innovativsten Regionen um die Weiterentwicklung der EU ohne Nationalstaaten zu arbeiten, klammern sich die hiesigen Grünen in geradezu verantwortungsloser Art und Weise an den Nationalstaat, um ja nicht irgendeinen italienischsprachigen Südtiroler vor dem Kopf zu stossen, währenddessen Italien immer weiter ins Chaos versinkt.
Es wäre also an der Zeit auch in Südtirol eine liberale Bewegung zu gründen, die sich den Herausforderungen mit neuen mutigen Ideen stellt, es wäre eine echte Chance, der Bevölkerung aufzuzeigen, dass es nicht nur um Beiträge, Verbote und Privilegien geht, sondern dass Verantwortung, Teilnahme und Gerechtigkeit an oberster Stelle stehen müssen.
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