Ein wegen Steuerhinterziehung rechtskräftig Verurteilter, dem Gerichte schon direkte Kontakte zur Mafia bescheinigt haben und dessen endgültige Entzauberung seit Jahren prognostiziert wird, ist nun im Begriff, die römische Regierung zu Fall zu bringen. Seine persönlichen Interessen und jene seiner Freundesfreunde überwiegen einmal mehr über die der Allgemeinheit, doch auch das ist nur die halbe Wahrheit: Schließlich genießt er nach wie vor, trotz allem, eine äußerst hohe Zustimmung in der italienischen Bevölkerung. Selbst nach seiner Verurteilung, die auch den einjährigen Ausschluss aus öffentlichen Ämtern vorsähe, sagen ihm Umfragen ein besseres Wahlergebnis vorher als bei den letzten Parlamentswahlen. Das ist mindestens genauso unbegreiflich, wie die Tatsache, dass er für einen Rundumschlag gegen die Justiz nicht nur seine eigenen Fernsehsender missbrauchen konnte, sondern auch noch die öffentlich-rechtlichen. In welchem anderen einigermaßen demokratischen Rechtsstaat wäre eine solche Inszenierung möglich gewesen?
Die Bürger — einschließlich der Südtirolerinnen — werden sich nun mit ihrer Arbeit und ihrem Geld einmal mehr maßgeblich am Ausbügeln des wirtschaftlichen Schadens beteiligen dürfen, den die Regierungskrise, egal wie sie endet, verursachen wird. Den wiederholten Imageverlust sowie die Schäden an Demokratie und Rechtsstaatlichkeit kann man in absehbarer Zeit wohl ohnehin kaum beheben.
Dass Berlusconi überdies gerade einen Ministerpräsidenten in den Abgrund stürzen könnte, von dem sich die Volkspartei die wundersame Autonomievermehrung (Realismus!) erhofft hatte, dürfte für Südtirol das geringste Problem sein. Statt die wenigen im Bozner Memorandum enthaltenen Punkte umzusetzen, war seine Regierung während der letzten Wochen und Monate vor allem dadurch aufgefallen, dass
- sie im Widerspruch zum Wahlpakt mit der SVP die Südtiroler Handelsordnung vor dem Verfassungsgericht angefochten,
- die Abschaffung der Bezirksgerichte bestätigt und
- den Rekurs gegen das Ortsnamensgesetz nicht zurückgezogen hat;
- Regionenminister Delrio und Staatssekretär Girlanda — letzterer sogar mit ausdrücklichem Verweis auf den ‘Sieg’ im ersten Weltkrieg! — jeder Schutzhütte erneut das Hissen der Staatsflagge vorschreiben wollten;
- sie noch kurz vor Eröffnung der Regierungskrise zwei weitere Landesgesetze vor das Verfassungsgericht gezerrt hat.
Cëla enghe: 01
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