Als Unabhängigkeitsbefürworter werde ich bisweilen mit der Frage konfrontiert, ob denn ein eigenstaatliches Südtirol eines eigenen, kleinen Heeres bedürfe und dann natürlich: wer das denn bezahlen soll. Bricht man die Militärausgaben des italienischen Staates (laut NATO sind das horrende 30.000.000.000 Euro im Jahr) anteilsmäßig auf Südtirols Bevölkerungszahl herunter, gelangt man zum Ergebnis, dass wir ohne das aktuelle Niveau des Verteidigungsbudgets auch um nur einen Cent zu erhöhen rund 300 Mio. jährlich für eigene Streitkräfte zur Verfügung hätten. Damit lägen wir gleichauf mit Luxemburg und Estland, aber deutlich vor Ländern wie Lettland (270 Mio.), Bosnien/Herzegowina (230 Mio.) und Malta (60 Mio.). Es ist also gar keine Frage der Finanzierung, sondern vor allem eine Frage der Opportunität — und da liegt nichts ferner, als die Gründung eines Südtiroler Heeres.
Sagt man das, wirds einem häufig selbst von Pazifisten mit großen, ungläubigen Augen quittiert. Die Utopie der Unabhängigkeit verkommt da schon mal zum verzeihbaren Übel… doch ein Staat ohne Verteidigung — wo gibt es das? Es wär’ zwar schön, ist aber (mal wieder!) gänzlich unrealistisch. Nun, wenn man sich einschlägige Daten zu Gemüte führt, bemerkt man schnell, dass ein militärfreies Südtirol in guter Gesellschaft wäre: Rund 10% der heute existierenden, souveränen Staaten (etwas über 200 an der Zahl) sind entweder völlig militärfrei (15 Stück) oder verfügen in Friedenszeiten über kein eigenes stehendes Heer (6 Stück). Dabei handelt es sich vor allem um Klein- und Kleinststaaten, die sich zwar teils von größeren Staaten mitverteidigen lassen, teils aber auch gänzlich »schutzlos« dastehen, ohne gleich von anderen eingenommen zu werden — wogegen sie sich schließlich auch mit einem Kleinstheer kaum wehren könnten.
Andorra und Liechtenstein (das nicht einmal ein Verteidigungsbündnis mit der Schweiz eingegangen ist), aber auch der Viermillionenstaat Costa Rica zählen zu den Ländern, die gar kein Heer führen. Island ist sogar NATO-Mitglied, ohne (seit 1869) eigene Streitkräfte zu unterhalten, was freilich auf die für die nordatlantische Allianz strategische Lage zurückzuführen ist. Andorra, Monaco und San Marino haben ihre Verteidigung hingegen ihren großen Nachbarstaaten Spanien, Frankreich und Italien anvertraut.
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