Am heutigen 25. November haben die Bürgerinnen Kataloniens ein neues Parlament gewählt, nachdem Artur Mas, Präsident der Generalitat, vorgezogene Neuwahlen einberufen hatte. Grundlage für seine Entscheidung war die beeindruckende Kundgebung vom 11. September, als in Barcelona 1,5 Millionen Menschen auf die Straße gegangen waren, um die Unabhängigkeit von Spanien zu fordern. Zudem war die Umsetzung des wichtigsten Regierungsprogramms von Mas, die Steuerhoheit, an der klaren Absage des spanischen Ministerpräsidenten, Mariano Rajoy (PP) gescheitert.
Das bereits vorliegende Endergebnis der Wahl kann man wie folgt zusammenfassen:
- Artur Mas’ Aufforderung, seine Partei mit einer absoluten Mehrheit auszustatten, um den Selbstbestimmungsprozess einzuleiten, sind die Katalanen nicht gefolgt. Obwohl CiU in 40 von 41 Wahlkreisen stärkste Kraft ist, werden der Partei im neuen Parlament (135 Sitze) keine zusätzlichen Abgeordneten zur Verfügung stehen. Im Vergleich zur letzten Wahl vor zwei Jahren verliert sie stattdessen sogar 12 Sitze und muss sich fortan mit 50 begnügen.
- Vermutlich sind manche CiU-Stammwähler, die den neuen Kurs nicht mittragen wollten, abgesprungen. Die Partei war bislang noch nie offiziell für die Unabhängigkeit eingetreten. Andere Wähler sind wahrscheinlich zu Parteien abgewandert, die in dieser Frage mehr Glaubwürdigkeit besitzen.
- Davon profitieren konnte vor allem die linksrepublikanische ERC, die seit Jahren beständig für die Unabhängigkeit Kataloniens kämpft und ein äußerst inklusivistisches Modell vertritt. Sie konnte ihre Sitze von 10 auf 21 mehr als verdoppeln und ist damit erstmals zweite Kraft im Parlament.
- Die Sozialisten (PSC), die sich im Wahlkampf für einen föderalistischen Umbau Spaniens und gegen die Unabhängigkeit eingesetzt hatten, verloren deutlich an Zustimmung und sind die größten Wahlverlierer. Ihre Parlamentsfraktion schrumpft von 28 auf nunmehr 20 Sitze, das schlechteste Ergebnis aller Zeiten. Spitzenkandidat Pere Navarro legte sich aber bei der TV-Debatte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (TV3) darauf fest, ein Referendum »nach schottischem Vorbild« zu unterstützen.
- Der katalanische Ableger der gesamtstaatlichen rechten Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Rajoy, die sich im Wahlkampf als einzige Garantin der staatlichen Einheit präsentiert hatte, kann nur einen Sitz dazugewinnen und stellt im neuen Parlament 19 Abgeordnete. Das ist ein sehr enttäuschendes Ergebnis, wenn man bedenkt, dass der PPC von erfahrenen Beobachtern als Auffangbecken für unionistische Ex-CiU-Wähler betrachtet wurde.
- Die katalanischen Grünen (ICV), die sich für das Selbstbestimmungsrecht eingesetzt hatten, konnten mit dieser klaren Linie das beste Ergebnis ihrer Geschichte erzielen: Sie legten von 10 auf 13 Sitze zu.
- Die unionistische Partei Ciutadans (Cs) konnte ihre Sitze von drei auf neun verdreifachen. Offensichtlich konnte sie sich als glaubwürdige Alternative zum PPC etablieren.
- Die linke und basisdemokratische Candidatura de Unitat Popular (CUP), die die Unabhängigkeit Kataloniens wünscht, zieht bei ihrer ersten Wahl sofort mit drei Abgeordneten ins Parlament ein.
- Die Parteien, die die Abhaltung eines Selbstbestimmungsreferendums befürworten (CiU, ERC, ICV und cup), stellen im neuen Parlament 87 Abgeordnete (107 mit der PSC) von insgesamt 135, die Gegner der Abstimmung (PPC und Cs) nur 28.
- In seinem ersten Auftritt nach der Verkündigung des amtlichen Endergebnisses hat Artur Mas klar gemacht, dass er den Weg der Selbstbestimmung weiterverfolgen will. Die katalanischen Bürger hätten jedoch offensichtlich entschieden, dass CiU diesen Weg mit einer oder mehreren anderen Parteien gemeinsam gehen müsse.
Die Wichtigkeit der Wahl spiegelt sich auch in der für katalanische Verhältnisse extrem hohen Wahlbeteiligung (69,56%) wider.
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