Alpenverein Südtirol (AVS), Landesverband für Heimatpflege, Südtiroler Schützenbund (SSB), Bauernbund (SBB) und Bauernjugend — kurz: die Arbeitsgruppe der Vereine für die Ortsnamenregelung — haben gemeinsam eine Straßenkarte für Südtirol herausgegeben, die einzig die historischen Toponyme des Landes berücksichtigt. Eine löbliche Initiative, zumal in dieser Angelegenheit endlich Tatsachen geschaffen werden. Das Druckstück liefert damit eine ernstzunehmende Diskussionsbasis für die Lösung des scheinbar Unlösbaren und stützt sich auf die wissenschaftliche Arbeit des italienischen Professors Bartaletti (Uni Genua).
Ob der Vorschlag freilich unverändert seinen Weg in ein Toponomastikgesetz finden kann oder nicht, wird einer politischen und gesellschaftlichen Diskussion entspringen müssen. Ich werde nicht müde zu wiederholen, dass diese und ähnliche Probleme nur im Konsens zwischen den Sprachgruppen nachhaltig und bei gegenseitigem Vertrauen lösbar sind. Erstrebenswert wäre, wie in diesem Blog bereits angeregt, auch eine genaue Untersuchung der Eindeutschung romanischer Ortsnamen in den ladinischen Ortschaften sowie im Vinschgau. Dabei geht es nicht darum, »natürliche« Entwicklungen, Anlehnungen und Verballhornungen rückgängig zu machen, sondern allfällige vorsätzliche »Übersetzungen« und Verfälschungen zu eruieren.
Letztendlich muss die Entscheidung jedoch politisch gefällt werden; außer dem zentralistischen Ansatz des Durnwaldervorschlags – der sämtliche Gemeindebezeichnungen über einen Kamm (und sich um wissenschaftliche Erkenntnisse gar nicht) schert – oder jenes der Union, gilt es etwa auch die basisdemokratische Lösung in Graubünden abzuwägen, wo jede Gemeinde frei den eigenen Ortsnamen und sogar die Amtssprache selbst festlegen kann. Vermutlich müsste man in Südtirol einen »konsensualen« Schlüssel festlegen, damit die jeweils kleinere Sprachgruppe nicht einfach von der größeren überstimmt wird.
Die Karte kann zum Preis von € 2.- (zzgl. € 1.70 Versandgebühr) beim Südtiroler Schützenbund bestellt werden.
Nachtrag: Die Karte weist einen makroskopischen Makel auf, der darin besteht, dass für die ladinischen Ortschaften die deutschen und italienischen Ortsbezeichnungen (Exonyme) vermerkt wurden, umgekehrt ladinische Toponyme für Ortschaften außerhalb Ladiniens vollständig fehlen. Das ist als stümperhaft und kulturimperialistisch zu werten und stellt die Arbeit der Arbeitsgruppe in ein äußerst ungünstiges Licht.
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