Neulich war ich nach längerer Zeit wieder in Bregenz, wo ich erstaunt feststellen durfte, wie weit die grenzüberschreitende Zusammenarbeit am Bodensee gediehen ist. Gemäß dem Motto wo ein Wille, da ein Weg, hat man sich auch von zwei EU-Außengrenzen (zu Schweiz und Liechtenstein) und unterschiedlichen Währungen nicht abschrecken lassen.
Von der Euregio wird dort offensichtlich nicht nur in Sonntagsreden geschwafelt, sie wird auch so umgesetzt, dass im Alltag für Bürgerinnen und Gäste spür- und sichtbare Ergebnisse daraus hervorgehen. Und das, obwohl es keine Jahrhunderte währende gemeinsame Geschichte gibt, wie sie hierzulande stets beschworen wird.
Nicht nur, dass die S-Bahn Vorarlberg, wie ich sogleich feststellen konnte, das deutsche Lindau über Bregenz mit St. Margarethen in der Schweiz verbindet. Schon seit 1972, als nur Deutschland EU-Mitglied war, wird großräumig in der Internationalen Bodenseekonferenz (IBK) zusammengearbeitet, um die Spürbarkeit der Grenzen zu verringern.
Seit 2008 hat die IBK ein neues Leitbild, welches gezielte und konkrete Maßnahmen beinhaltet, um die Region noch enger zusammenwachsen zu lassen. Ein Blick auf die Webseite der Organisation verdeutlicht, wie engmaschig das Netz der Zusammenarbeit inzwischen ist: Es gibt gemeinsame Fahrscheine für den öffentlichen Nahverkehr, eine gemeinsame Hochschule, die Handelskammern wurden über die Grenzen hinweg zusammengeschlossen — um nur einige Erfolge zu nennen.
Anders als hierzulande, wo hinter vorgehaltener Hand noch immer zu hören ist, man müsse sich im Marketing möglichst von Nord- und Osttirol abgrenzen, um als eigenständiges Tourismusgebiet wahrgenommen zu werden (was bisweilen auch peinliche Blüten treibt*), hat man diese Haltung am Bodensee längst über Bord geworfen. Den Gästen präsentiert man sich erfolgreich gemeinsam, deshalb verfügt die Vierländerregion längst über ein einheitliches Tourismusportal im Internet. Zusammen hat man mehr zu bieten und kann als überschaubare, aber vielfältige Tourismusregion punkten: Die Festspiele in Bregenz, das Nobelpreisträgertreffen in Lindau oder die Stiftsbibliothek in St. Gallen (Weltkulturerbe) ergänzen einander bestens. Dass sich eines der Länder ohne die übrige Euregio als Europäische Kulturhauptstadt bewirbt, wie dies Südtirol gerade macht, scheint gänzlich unvorstellbar.
Auch sonst wird im kulturellen Bereich eng zusammengearbeitet, um Synergien zu nutzen und einen Mehrwert zu erzielen. Die wichtigsten Museen der Region haben schon im Jahr 2001 eine dauerhafte Zusammenarbeit (»Kulturachse«) mit gemeinsamen Ausstellungszyklen eingeleitet. Die Veranstaltungen werden nicht nur — wie das Bild zeigt — einheitlich beworben; wer mehr als ein Museum besucht, zahlt ab dem zweiten nur noch den reduzierten Preis, wodurch auch den Besucherinnen ein spürbarer Vorteil entsteht. Das ist nicht zuletzt ein weiterer Anreiz, die gesamte Region zu besichtigen.
Ich muss sagen, das Länderhopping — beileibe nicht nur im engeren Bodenseeraum, sondern bis Liechtenstein und Landquart — hat richtig Spaß gemacht.
*) so präsentiert sich das Osttiroler Hochpustertal als solches, während das Südtiroler Hochpustertal sich auch am deutschen Markt als ‘Alta Pusteria’ vermarktet; selbst ein gemeinsames Tiroler Kochbuch wurde vor einigen Jahren von Südtiroler Seite torpediert.
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