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Verleihung der Staatsbürgerschaft.

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Der Rai Sender Bozen berichtete während der gestrigen Tagesschau über die Verleihung der italienischen Staatsbürgerschaft an acht ImmigrantInnen. Anwesend bei der kleinen Feier laut Bericht unter anderem der neue Präfekt Valerio Valenti, der Bozner Bürgermeister Spagnolli und Vertreter des Heeres!

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft ist vielleicht das stärkste institutionelle Zeichen, dass ImmigrantInnen in ihrer neuen Heimat angekommen sind. Der Zentralstaat scheint sich dieser Symbolik bewusst zu sein. Zumindest laut dem gestrigen Kurzbericht dürfte die Verleihungszeremonie in einer x-beliebigen italienischen Provinz nicht von der gestrigen Zeremonie in Bozen unterscheidbar sein. Alleinige Sprache der kleinen Feier, die Sprache des Zentralstaates. Die Beamten und Institutionen, mit denen die neuen SüdtirolerInnen, im Zuge der Aufenthaltsgenehmigung und der Beantragung um die Staatsbürgerschaft, in Kontakt treten, sprechen ausschließlich die Sprache des Nationalstaates. Und selbstverständlich zählen auch nur italienische Sprachkenntnisse, wenn es um die Aufenthaltsgenehmigung geht.

Der Zentralstaat spielt hier seine Kompetenzen bewusst aus, um in Südtirol neue Fakten im nationalstaatlichen Sinne zu schaffen. Dabei wird nicht nur das Prinzip der Gleichstellung der deutschen mit der italienischen Sprache mit Füßen getreten, sondern auch das Autonomiestatut, das auf dem Pariser Vertrag beruht, und der Artikel 6 der italienischen Verfassung werden in ihrem tieferen Sinn ignoriert.

Minderheitenschutz im Kontext der Immigration muss bedeuten, dass der Zentralstaat sich aktiv dafür einsetzt, dass die neuen SüdtirolerInnen sprachlich und kulturell mit der gesamten Palette Südtirols in Berührung kommen. Der Nationalstaat macht genau das Gegenteil. Ein Beleg, dass es dem Zentralstaat nicht um eine wirkliche Förderung von Minderheiten geht und, dass die Zugehörigkeit zum Nationalstaat Italien institutionell der falsche Rahmen ist, um Südtirol wirklich mehrsprachig und multikulturell zu machen.



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Comentârs

11 responses to “Verleihung der Staatsbürgerschaft.”

  1. Fabian avatar
    Fabian

    wer in Südtirol wählt eigentlich die SVP die gegen diese Missstände offenbar nichts einzuwenden hat?
    Ich gehe davon aus, dass die Leute wissen, wen oder was sie wählen.
    Wir haben demnächst Neuwahlen in Südtirol. Wenn dann wieder die SVP am Ruder Platz nimmt, will der mündige Wähler in ST keine Änderung der angezeigten Missstände. Vorausgesetzt natürlich, es handelt sich um mündige Wähler …. soll ich oder darf ich das voraussetzen?

  2. monika avatar
    monika

    ich erlaube mir eine Gegenfrage:Wenn Südtirolerinnen nach Kärnten ziehen, lernen sie dann auch slowenisch, wenn sie österr.Staatsbürgerinnen werden wollen? Das wäre mir persönlich neu. Lasse mich aber gerne eines besseren belehren.

    1. pérvasion avatar

      Es geht nicht darum, was die Südtiroler von sich aus tun, wenn sie wohin ziehen — das kann man sicher nicht verallgemeinern. Ich zum Beispiel würde mich sicher anstrengen, Slowenisch zu lernen.

      Vielmehr geht es darum, welche Anreize geschaffen werden, dies zu tun. In Südtirol gibt es Anreize, Deutsch zu lernen, sie sind aber noch völlig unzureichend und im Vergleich zur Staatssprache geradezu lächerlich. Im Grunde ergeben sie sich nicht aus irgendwelchen institutionellen Maßnahmen, sondern nur aus der wirtschaftlichen Wichtigkeit der deutschen Sprache. In Kärnten sind diese Anreize bzgl. des Slowenischen wahrscheinlich noch geringer, aber ich habe Kärnten auch noch nie als Beispiel für Südtirol gesehen. In anderen Gebieten hat man hingegen die Wichtigkeit einer »umfassenden« (also nicht auf nationalstaatliche Schemata beschränkte) Integration gerade bei Vorhandensein einer Minderheitensprache erkannt.

      1. Fabian avatar
        Fabian

        @pervasion, haben Sie schon angefangen, Ladinisch zu lernen? Wegen den paar Slowenen in Südkärnten soll der Rest von Kärnten Slowenisch lernen? Absurde Vorstellung! Die Wiener werden demnächst wohl alle Türkisch, Serbisch und Kroatisch lernen müssen. In Prozenten ausgedrückt, gibt es im 15. 16. 20 und 10. Wiener Bezirk bereits mehr Türken, als Italiener in Südtirol

      2. pérvasion avatar

        Ich lebe nicht im ladinischen Sprachgebiet. Trotzdem würde ich behaupten, dass meine passiven Ladinischkenntnisse (lesen, hören) gut sind, während die aktiven (schreiben, sprechen) noch ausbaufähig wären. Immerhin habe ich damit begonnen, die Blogoberfläche ins Ladinische zu übersetzen, weil ich es gut fände, wenn alle Südtiroler etwas mehr mit der kleinsten Landessprache konfrontiert werden. Dazu möchte ich meinen kleinen Beitrag leisten. Für Fehlerkorrekturen wäre ich übrigens dankbar.

      3. hunter avatar
        hunter

        @ fabian
        die finnen sind schon ein verrücktes völkchen. die lernen nämlich flächendeckend schwedisch im ganzen land, obwohl sich die schwedische minderheit auf den südwesten bzw. westen konzentriert und insgesamt nicht einmal sechs prozent der gesamtbevölkerung finnlands ausmacht. absurde vorstellung die sprache meines nachbarn zu beherrschen.

    2. niwo avatar
      niwo

      In Kärnten ist leider das eingetreten, was in Minderheitengebieten zwangsläufig passiert, wenn die nationalstaatliche Dynamik zur alles bestimmenden Logik wird.
      1880 soll es noch über 80.000 Slowenen gegeben haben, 2001 noch knapp 15.000. Ähnliche Entwicklungen ließen sich aus vielen Minderheitengebieten feststellen (Sardinien, Aosta, Friaul, Elsaß usw.) Mittel- bis langfristig sind ähnliche Entwicklungen nicht mal in Südtirol auszuschließen.
      Ernsthafte Sorgen muss man sich um die ladinische Sprachgemeinschaft machen. Das immer wieder überschwänglich gelobte ladinische Schulmodell ist mit den wenigen Ladinischstunden ein völlig ungeeignetes Modell um Nicht ladinischen MuttersprachlerInnen in Ladinien ausreichend Ladinischkenntnisse beizubringen. Wie sollen mit diesem Schulmodell ImmigrantInnen in Ladinien ausreichend Ladinisch lernen. Wenn dies trotzdem gelingt, dann aus freien Stücken, nicht weil die Rahmenbedingungen dies implizieren.
      So als Ferndiagnose, ohne jetzt ein großer Experte der Situation in Kärnten zu sein, würde ich es als notwendig erachten, dass KärtnerInnen deutscher Muttersprache und die neuen KärtnerInnen (ImmigrantInnen) in den Gemeinden, in denen die slowenische Sprachgemeinschaft vorwiegend konzentriert ist, an guten Slowenischkenntnissen nicht vorbei kommen.

  3. Steffl avatar
    Steffl

    Wenn Südtirolerinnen nach Kärnten ziehen, lernen sie dann auch slowenisch

    Ich denke es ist allgemein schwer, die Situation in Südtirol mit der in Kärnten zu vergleichen. Wenn dann könnte man von den Zahlen her bei uns am ehesten die Ladiner mit den Kärntner Slowenen vergleichen, u.a. auch deshalb weil diese wie die Slowenen in Kärnten fast ausschließlich in einem bestimmten Gebiet des Landes leben. Bei uns ist es ja auch so, dass ladinisch nur in den ladinischen Tälern gelehrt wird und somit weder von neuen Zuwanderern noch von den zwei anderen Volksgruppen gelernt wird (was natürlich auch schade ist, aber es ist so). Außerdem ist in Südtirol wie mittlerweile bekannt sein dürfte, die Lingua franca unter den Zuwanderern eindeutig großteils italienisch , und man identifiziert sich nicht mit Südtirol, sondern ausschließlich mit Italien. Man hört eigentlich kaum von Fällen, wo Zuwanderer bei uns Kenntnisse der Landesgeschichte hätten oder ihnen dies irgendwie schmackhaft gemacht oder nahegelegt würde. Es ist ja auch überall auf der Welt dasselbe. Der Nationalstaat hat kein Interesse (am ehesten vielelicht noch in den nordischen Ländern), Minderheiten auf Dauer in seinem Gebiet zu fördern, es unterscheiden sich nur die Methoden der Assimilation und der Kontext (es ist ein großer Unterschied ob innerhalb der EU oder in Asien).
    Außerdem macht Südtirol m.E. nach einen gewaltigen Fehler mit seiner Nabelschau und Abkapselung. Laut Verträgen kann uns wenn dann nur Österreich zu einem neuen Status verhelfen, doch hierzulande spricht jeder nur von Italien oder einem Freistaat (sehr schöner Gedanke, aber wie bitte soll das historisch und rechtlich gerechtfertigt werden?? Wenn dann nur in Form eines Kondominiums zwischen Italien und Österreich und wenn die Südtiroler zu ihrem Ursprungsstaat Österreich stehen). Ich denke auch bei uns in Südtirol sollte man ein bisschen bescheidener zu den Wurzeln stehen, auch wenn die Mannschaft im Fussball nix wert ist wie Österreich…
    Nur eine kleine Anmerkung zu den Freiheitlichen zu diesem Thema. Ich finde es gut dass von einem Freistaat gemeinsam mit den Italienern gesprochen wird, ähnlich wie bei BBD, besonders deshalb um niemanden auszuschließen und für die Unabhängigkeit des Landes zu werben (auch wenn ich einen unabhängigen Staat rechtlich als viel unrealistischer betrachte als z.B. einen Anschluss an Österreich, aber bitte, ich bin alles andere als ein Experte und wäre mit einem Freistaat sehr zufrieden…). Aber wenn man von dieser Seite aus davon spricht, beim nächsten Länderspiel gegen Österreich in Wien mit dem Deutschlandtrikot aufzutreten (so steht es jedenfalls in den gestrigen “Dolomiten”, kann aber auch falsch ausgelegt sein…), dann ist das als deklarierte österreichische Minderheit in Italien (immerhin wurde der Autonomievertrag meines bescheidenen Wissens zufolge zwischen Italien und Österreich ausgehandelt und nicht mit Deutschland oder einem “Freistaat Südtirol”) politisch total daneben…nebenbei bedient man das Klischee des Südtiroler Rosinenpickers mit solchen Aktionen hervorragend und kann sich der Antipathie von sämtlichen Seiten gewiss sein. Auch der geduldigste Helfer wird hier bald nur mehr den Kopf schütteln bei solchen Auswüchsen wie bei uns.

  4. m.gruber avatar
    m.gruber

    @hunter: Dein Vergleich hinkt. Dass die Finnen schwedisch lernen hat andere Gründe. In erster Linie geschieht dies nicht weil es eine schwedische Minderheit gibt, oder weil Finnland an Schweden grenzt wie du suggerierst. Hatte mal gelegenheit mit einem Finnen darüber zu sprechen.
    Es hat historische Gründe. Finnland gehörte 600 Jahre lang zum Schwedischen Reich. Schwedisch war in diesem Zeitraum Nationalsprache. Mit der Loslösung Finnlands beschloss man, dass beide Sprachen Staatsweit (!) gleichwertig zu behandeln seien.

    Genauer steht es hier: http://www.linguistik-online.de/3_00/saari.html

  5. m.gruber avatar
    m.gruber

    Und zum Artikel: Der Autor stützt seine Argumentation ausschließlich auf einen Kurzbericht und war selbst nicht anwesend. Das was er sagt mag vielleicht in einem anderen Kontext zutreffen, fällt jedoch dadurch, dass er seine Thesen ausschließlich auf diesen Kurzbericht sützt vollkommen aus dem Rahmen.
    Die nächste Assoziationskette.

    Soweit ich mich erinnere (leider gibt es keinen Podcast):
    – geht aus dem Bericht nicht hervor, ob die alleinige Sprache italienisch war.
    – es handelt sich hier um Staatszugehörigkeitsansuchen aufgrund von Eheschließungen (!)
    – eine “Sprachgruppenzugehörigkeit” der neuen Staatsbürger geht aus dem Bericht nicht hervor

    Unter diesem Umständen einen Verstoß gegen das Autonomiestatut und Artikel 6 der Verfassung (“Die Republik schützt durch entsprechende Rechtsvorschriften die sprachlichen Minderheiten.”) zu erkennen halte ich für unseriös.
    Mit anderen Worten: dafür geh ich nicht auf die Straße.

    1. pérvasion avatar

      Ich will dir nicht an Wolfgangs statt antworten. Diese Aussage stimmt aber schon mal nicht ganz:

      – es handelt sich hier um Staatszugehörigkeitsansuchen aufgrund von Eheschließungen (!)

      Es handelt sich hier nicht — jedenfalls nicht ausschließlich — um Ansuchen aufgrund von Eheschließungen, sondern (auch) um Ansuchen aufgrund bestehender Eheverhältnisse (also z.B. bei Nachzug), wo der Partner die Staatsbürgerschaft schon zu einem früheren Zeitpunkt erlangt hatte.

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