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San Vigilio statt Al Plan.

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Al Plan.

Im Anschluss an meine kleine Fotodokumentation über Alta Badia hatte ich unter anderem einige ladinische Tourismusvereine angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten. Im Fall von Al Plan de Mareo hatte ich außerdem bedauert, dass die Ortschaft wenige Jahre lang tatsächlich ihren ladinischen Ortsnamen zur touristischen Vermarktung benutzt, dies offensichtlich aber wieder rückgängig gemacht hat. (s. Abb.)

Am 19. Februar 2008 ist eine schöne, weil offen und ehrliche Antwort von Herrn Dr. Clara aus der assoziaziun turistica eingegangen:

stimé siur constantini,

ehrlich gesagt sprechen sie mir/uns aus dem herzen. als pressereferent des tv st. vigil und zudem langjähriges mitglied der ladinischen kulturvereinigung “uniun di ladins dla val badia” und mitglied des bildungsausschusses von st. vigil, war ich es, der den versuch gestartet hatte, al plan als destinationsname für st. vigil einzuführen. und zu meiner großen überraschung wurde der vorschlag sehr positiv aufgenommen und auch sehr rasch umgesetzt. hätten wir es nie getan!

die probleme haben sofort angefangen: die italienische tourismuspresse hat unsere entsprechenden mitteilungen und die folgenden presseschreiben, in denen immer nur von al plan de mareo die rede war, überhaupt nicht rezipiert. es wurde konsequent von san vigilio gesprochen. nach der erstmaligen herausgabe des hotel- und dorfführers mit dem logo al plan, haben viele gäste im büro angerufen und gefragt, ob denn al plan ein neues “villaggio turistico” bei st. vigil sei. die internetzugriffe sind rapide eingesackt, da san vigilio ein begriff ist, al plan nicht. die deutschen lieben südländische klänge (vigilio klingt so). al plan klingt für deutsche aber recht unangenehm (plan und so), so haben wir es in erfahrung gebracht und mit unangenehmem sollte urlaub halt nicht assoziiert werden. italiener (80% unseres marktes sind national) sind bereits zu sehr an san vigilio gewöhnt.

wir haben uns natürlich von experten beraten lassen und der tenor war unisono: um diesen markenwechsel erfolgreich vollziehen zu können, hätten wir X millionen euro benötigt, um eine werbekampagne zu starten, wie sie beim wechsel von omnitel auf den namen vodafone eingesetzt wurde – und bereits dieses argument hat alles zunichte gemacht.

wir haben einsehen müssen, dass unsere idee im kern zwar gut gewesen wäre, den vigilern aber leider 30, 40 jahre zu spät eingefallen ist. wir sind wieder auf san vigilio übergegangen, haben es müssen.

trotzdem versuchen wir im inhalt unseres angebotes sehr wohl das ladinische mit einfließen zu lassen: wir machen wächentliche wanderungen im ortskern, um historisch wichtige gebäude und momente der ortschaft zu vermitteln und da wird sehr viel über die ladinische kultur und sprache weiter gegeben, auch weil die gäste sehr interessiert sind. wir bieten im sommer zwei bis drei ladinischkurse für gäste an, über vier tage jeweils und die sind immer ausgebucht. in zusammenarbeit mit dem naturparkhaus werden eigene infoabende und vorträge über die ladiner veranstaltet. mit dem ladinischen künstlerbund zusammen wird auf den dorfplätzen von al plan und la pli ladinische musik mit den liedermachern angeboten, etc.

auch wurde in den letzten jahren, erfolgreich, für ladinische inschriften auf den häusern, geschäften und firmenautos in unseren dörfern geworben und man sieht, dass diese sachen angenommen werden – von den einheimischen und von den gästen.

es ist also nicht wirklich so, dass wir unsere wurzeln verleugnen würden. zugegeben, es hat eine zeit gegeben, wo diese werte wirklich in den
hintergrund getreten sind, vor allem in jener zeit, als die armen ladinischen bauern plötzlich zu wohlstand durch den tourismus gekommen sind. da hat man eine/vielleicht auch zwei generationen lang dananch getrachtet, diesen wohlstand zu sichern. alles andere war eher unwichtig. heute hat man aber schon verstanden, dass die gäste auch kultur erleben wollen. alles braucht halt seine zeit. in st. vigil hatten wir diesen versuch gestartet – logi zu wechseln. marketingtechnisch war das ein fehlgriff, doch ich bin der überzeugung, dass alles andere, was wir an kulturellen und sprachlichen inhalten bieten, wichtiger und näher am gast und am menschen ist, als “al plan” im logo.

herr constantini, ich möchte mich für ihre stellungnahme bedanken, denn oft ist man tatsächlich “betriebsblind”, bis nicht jemand von außen einen auf gewisse dinge aufmerksam macht. wir werden sicher auch in zukunft alle möglichkeiten nutzen, um unsere sprache und kultur auch preis zu vermitteln, denn seit einiger zeit entwickelt sich wieder so etwas wie ein ladinisches selbstbewusstsein – diese tatsache ist nicht mehr verkennbar.

mit freundlichen grüßen
diego clara
ofize stampa assoziaziun turistica al plan de mareo

Cëla enghe: 01 02



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Comentârs

4 responses to “San Vigilio statt Al Plan.”

  1. Susanne avatar
    Susanne

    Was soll man da noch sagen? Schöne, weil ehrliche, Antwort.

  2. pérvasion avatar

    Ich habe ein paar Stunden gegrübelt, ob Susannes Kommentar ironisch gemeint war. Dann habe ich sie angeschrieben. Ihre Antwort auf die Frage, was obige Stellungnahme bedeute – für all jene, die ebenfalls gezweifelt haben:

    Ach, eigentlich nicht viel. Mir hat die Rückantwort von Herrn Clara sehr gefallen. Dazu kann man nicht viel sagen. Die einzigen treffenden Worte (“offen und ehrlich”) hast du schon benützt. That’s it.

    Susanne: Ich bin davon ausgegangen, dass es dir nichts ausmacht, wenn ich den Inhalt deiner Mail zur Klärung möglicher Missverständnisse veröffentliche.

  3. pérvasion avatar

    Meine Antwort an Herrn Clara (vom 23.02.08):

    Stimé siur Clara,

    ich danke Ihnen sehr für die offene und aufrichtige Antwort, die Sie mir neulich geschickt haben; es freut mich außerordentlich zu hören, dass die ladinische Sprache mit in der Tat wirksameren Methoden gefördert wird, als dem Tourismuslogo.

    Verzeihen Sie mir aber bitte meine Hartnäckigkeit, denn ich möchte trotzdem noch einmal in der Sache nachhaken – und zwar mit folgenden Fragen/Anregungen:

    Al Plan bleibt nur noch für wenige Intime. Werden wir uns also quasi für immer und ewig an San Vigilio gewöhnen müssen, an ein Toponym, das den Beigeschmack der Eroberung hat? Ich hoffe nein…

    – Sämtliche Tourismuslogi der Destinationen in der Kronplatz-Arena sind “zweinamig”: deutscher Ortsname groß und italienischer klein, manchmal auch umgekehrt. Haben Sie daran gedacht, San Vigilio groß und darunter wenigstens klein Al Plan de Mareo im Logo zu führen? Dies könnte man als eine endgültige Maßnahme ansehen, oder auch als allmähliche Übergangslösung – wie im von Ihnen genannten Fall von Omnitel/Vodafone. Wenn man Al Plan (touristisch) nicht ganz ins Hintertreffen geraten lässt, könnte man ja vielleicht in einigen Jahren (oder Jahrzehnten), unter anderen Voraussetzungen, eine Wiedereinführung versuchen. Andernfalls wohl nie wieder.

    – Wäre es in der Pistenbeschilderung am Kronplatz, wo heute alle Ortsnamen außer San Vigilio doppelt (Bruneck/Brunico, Olang/Valdaora etc.) angeführt werden, vorstellbar, die Doppelbezeichnung San Vigilio/Al Plan zu benützen?

    Ich weiß, dass Sie schon einiges versucht hatten, doch vielleicht war es dafür ja zu früh, und die Gäste auch nicht für eine drastische Änderung bereit!? Sie könnten auf Ihrer Webseite weiterhin vor allem mit San Vigilio werben, den Leuten dann aber vor Ort – genauso wie mit den ladinischen Beschriftungen und Sprachkursen – auch durch den selbstbewussten Gebrauch des Ortsnamens zeigen, dass sie sich in einer kulturell sehr besonderen Gegend befinden. Manchmal sind Stellungnahmen von außen wichtig, wie Sie sagen, manchmal mit Sicherheit auch pedantisch. Ich hoffe jedenfalls, dass sich noch das eine oder andere behutsam ändern lässt.

    Mit freundlichen Grüßen und bestem Dank!

  4. Lorenzo il magnifico avatar
    Lorenzo il magnifico

    St. Vigil in Enneberg si e´venduto al mamon.
    Non dimenticate Erto e Casso, li il ladino e stato spazato via, il 9 ottobre 1963 dalla incompetenza fascista/DC.

    La storia di queste comunità  venne sconvolta dalla costruzione della diga del Vajont, che determinò la frana del monte Toc nel lago artificiale. La sera del 9 ottobre 1963 si elevò un immane ondata, che seminò ovunque morte e desolazione.
    La stima più attendibile è, a tutt’oggi, di 1910 vittime. La vecchia lingua ladina non si parla piu´………..

    Und außerdem bin ich der Meinung, dass die Landeseinheit wieder hergestellt werden sollte! ( Lorenz in Arte Marcus Porcius Cato)

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