Noch vor wenigen Tagen hatte der Landeshauptmann — während der traditionellen Sommerpressekonferenz — das Mailänder Abkommen in höchsten Tönen gelobt, weil es Südtirols Finanzen absichere. Jetzt musste der zuständige Landesrat Roberto Bizzo Medien gegenüber einräumen, dass dies wohl doch nicht mehr der Fall sein wird. Angesichts der Schuldenkrise hat der Staat ein Sparpaket geschnürt, das Südtirol überdurchschnittlich stark in die Pflicht nimmt und aus den bisherigen Gewissheiten Kleinholz macht. So soll allein unser Land im Laufe der kommenden drei Jahre die enorme Summe von einer Milliarde Euro zum staatlichen Sparziel beitragen. Voraussichtlich ist dies nur der Anfang, denn es wird davon ausgegangen, dass zur Abtragung der italienischen Staatsschuld (am BIP gemessen die dritthöchste der Welt) ein weit längerer Zeitraum erforderlich sein wird.
Obschon die Bilanzen der autonomen Regionen und Provinzen nur rund 22% der Gesamtheit aller Regionalbilanzen darstellen, wird den Autonomien ein anteilsmäßig mehr als doppelt so hoher Beitrag abverlangt, als den anderen: Sie müssen nämlich 50% aller Einsparungen schultern. Das führt dazu, dass Südtirol allein — mit unter 1% der Staatsbevölkerung — rund 6% der gesamten regionalen Kürzungen tragen muss. Unberücksichtigt bleibt, dass die Autonomien nicht nur höhere Haushalte haben, um mehr Geld verteilen zu können, sondern weil sie damit Zuständigkeiten finanzieren müssen, die andernorts der Staat wahrnimmt.
Damit nicht genug: Trotz Mailänder Abkommen, welches als erster Schritt in Richtung Finanzautonomie gefeiert worden war, können wir uns wohl auch von der Regel verabschieden, dass 90% der Steuereinnahmen im Lande bleiben. Stiegen die staatlichen Steuern, bedeutete dies bisher immer automatisch auch einen Geldsegen für den proportional daran beteiligten Landeshaushalt. Setzt sich die Zentralregierung durch, fließen ab nun jedoch alle Mehreinnahmen direkt in den Staatssäckel — und zwar zusätzlich zur genannten Milliarde.
Dass wir ein weiteres Prinzip aus dem Mailänder Abkommen aufrecht erhalten können, nämlich, dass Kürzungen (etwa die eine Milliarde) nicht direkt, sondern indirekt durch »kostenlose« Übernahme neuer Zuständigkeiten (Polizei, Post, Gericht…) konkretisiert werden, glaubt im derzeitigen Kontext kaum noch jemand.
Schafft es das Land nicht, sich gegen diesen »Sparsegen« aus Rom gerichtlich zur Wehr zu setzen, drohen nachhaltige Konsequenzen: Denn die Zentralregierung missbraucht Haushaltszwänge, um einen Kahlschlag der Autonomie herbeizuführen.
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