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Eine exklusive Buchhandlung.

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ai

Als ich heute in der Landeshauptstadt war, habe ich kurz in die Nuova Libreria Cappelli gelugt, da ich mich in der Nähe befand und eine knappe Viertelstunde übrig hatte. Nicht zuletzt begeisterte Berichte über einen Laden mit sozialem Profil hatten mich neugierig gemacht. Doch was hier neben einem gepflegten Ambiente und einer ansprechenden Bücherauswahl — jedenfalls jemandem, dem die Mehrsprachigkeit ein Anliegen ist — schnell ins Auge fällt: Es gibt hier keine Bücher in deutscher Sprache. Kein einziges. Weil ich dachte, vielleicht doch etwas übersehen zu haben, habe ich noch an der Kassa nachgefragt, wurde aber freundlich auf die Europa-Buchhandlung in einer nahegelegenen Allee hingewiesen. Dort gebe es auch deutsche Bücher.

Über diese Selbstverständlichkeit war ich ehrlich gesagt ziemlich verblüfft.

Auch nach längerem Nachdenken fällt mir keine Buchhandlung im Land ein, wo es nicht auch wenigstens einige italienische Bücher gibt. Um eine der zwei größeren Landessprachen ganz draußen zu halten, muss man sich ja fast anstrengen, wenn man allein an das bilinguale Programm der meisten heimischen Verlage denkt. Eigentlich bin ich versucht zu sagen, die neue Cappelli könnte in einer beliebigen Stadt Italiens stehen. Doch selbst das wäre wohl falsch, denn für gewöhnlich haben Buchhandlungen dieser Größenordnung zumindest eine Ecke mit fremdsprachigen Büchern — darunter eigentlich immer auch welche auf Deutsch.

Das wohl umso mehr, wenn es sich um einen Laden handelt, der den Anspruch erhebt, ein Mittelpunkt für die (lesenden) Menschen der Stadt zu sein.

Siehe auch: 01



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Comentârs

15 responses to “Eine exklusive Buchhandlung.”

  1. artim avatar
    artim

    Man ist mittlerweile froh, dass es überhaupt noch Buchläden gibt.

    1. Simon avatar

      …und darf deshalb keine Kritik anbringen?

      1. artim avatar
        artim

        Doch kannst. Habe ich aber auch nicht geschrieben.
        Bin nur froh über jeden Buchladen.

  2. Barbara Mair avatar
    Barbara Mair

    Bozen ist italienisch, Deutsch hier oft nur die Drittsprache.

    1. Simon avatar

      Bozen ist von der Zusammensetzung der Sprachgruppen her ungefähr so italienisch, wie Brixen deutsch ist. Mir ist aber in Brixen keine Buchhandlung bekannt, in der es keine italienischen Bücher gibt. Auch nicht andernorts in Südtirol.

  3. Hartmuth Staffler avatar
    Hartmuth Staffler

    Auch wenn Bozen heute mehrheitlich italienisch ist: Rein statistisch gesehen lesen Deutsche im Durchschnitt vier Mal so viele Bücher wie Italiener. Damit wären wir bei einem Verhältnis von 50:50. Die Entscheidung, keine deutschen Bücher zu verkaufen, ist daher nicht nur vom kulturellen, sondern auch vom wirtschaftlichen Standpunkt gesehen unsinnig.

  4. Veronica Miron avatar
    Veronica Miron

    Könnte man das Proporz-System nicht auch auf Buchhandlungen übertragen?

    1. Simon avatar

      Das ist mir jetzt zu hoch.

      1. Veronica Miron avatar
        Veronica Miron

        Wenn man den Eindruck hat dass die deutsche Sprache nicht genug geschützt ist, das einzigste was man tun kann ist das Proporz System in soviele Bereichen wie möglich anzuwenden.
        Laut Autonomiestatut sind die zwei Landessprachen gleichgestellt und es wird nie möglich sein etwas mehr Schutz zu bekommen. (wie z. B. das Französierungsgesetz in Québec, das wird bei uns nie möglich sein.)
        Das einzige was man tun kann ist sorgen dass die Sprachen proportional verwendet werden.

    2. Alessandro Stenico avatar
      Alessandro Stenico

      Meinst du die öffentlichen Bibliotheken, oder jede Privatinitiative?
      Ich kann z.B. wohl ein Geschäft öffnen in den nur ukrainischen und albanischen Bücher angeboten werden, und bin ich deswegen ein Nationalist ?

      1. Veronica Miron avatar
        Veronica Miron

        Wir reden hier nicht über eine biliebige Sprache :-)
        Wir haben 2 Landessprachen die in einer dauerhaften Konkurrenz gegen einander stehen.
        Ich schlage vor, eine Berechnung des verfügbaren kulturellen Angebots und der in den verschiedenen Geschäften verwendeten Sprachen durchzuführen, um festzustellen, ob es der Konsistenz jeder Sprachgruppe entspricht.
        Man könnte es auch pro Kategorie machen : Museen, Buchhandlungen, Veranstaltungen, Supermärkte usw.

        So könnte man sich eine Idee machen ob tatsächlich eine oder die andere Sprachgruppe benachteiligt wird.

    3. Alessandro Stenico avatar
      Alessandro Stenico

      Das Thema ist viel zu komplex, um es in ein paar Zeilen zu fassen.
      Erstens sind die Amtssprachen drei und wenn schon noch mehr.
      In den Hotels, wo mehrere ausländische Arbeitskräfte angestellt sind, hat sich schon Englisch als neutrale Sprache durchsetzt, aber nicht nur in den großen Strukturen, auch in kleinen.
      Vorigen Sommer war ich ein paar Tage im oberen Vinschgau im Urlaub, in unserem Hotel bestand die Belegschaft aus Slawen und Arbeitskräfte aus Zentralafrika (die es sehr gut gemacht haben), die auch die beiden Amtssprache verstanden. Aber nicht überall geht es so leicht.
      Bei einem Ausflug habe ich auf einer Alm die Angestellten beobachtet, der Hilfskoch aus Maghreb konnte sich nur auf italienisch mit der rumänischen Hilfs- Kellnerin unterhalten, der Kellner an der Theke war ein Slowake der die italienische Sprache nicht verstand, also wandten sie alle die englische Sprache an. Es ist so, wie seit Dutzend Jahre in der Schweiz schon Praxis ist.
      Es fehlen überall Arbeitskräfte, in den Supermarkt, im Bausektor, in der Industrie, Handwerk usw.
      Auch in anderen europäischen Ländern ist es das gleiche, bin zur Zeit in Kroatien, auch hier hört man das gleiche, ohne Serben, Bosnier und seit kurzem Philippinen (mit denen Englisch oder Italienisch gesprochen wird) geht es in der Branche nicht weiter.
      Ende April war ich in der Türkei auf den Lykischen Weg unterwegs, und sogar in den Hochburgen Türkei gibt es zu wenig verfügbare Arbeitskräfte, in Ardasan bestand die Belegschaft unseren Hotel aus Arbeitskräfte aus Kirgisistan, die sich teilweise mit Englisch und etwas Türkisch verstanden.

      1. Veronica Miron avatar
        Veronica Miron

        Die Landessprachen sind 2. (Ladinisch ist eine Amtssprache auf lokaler Ebene).
        Es geht hier um die wesentlichen Dienste für die Bürger und um das Kulturangebot. (Eine Bar oder ein Hotel gehören, glaub ich, nicht dazu).
        Die deutsche und die italienische Sprache sind laut Autonomiestatut gleichgestellt.
        Aber. Italienisch ist gleichzeitig auch die einzige nationale Sprache in Italien.
        Deswegen entsteht es eine perverse Situation, die vor allem in Bozen spürbar ist, wo die deutsche Sprache komplett vernachlässigt wird.
        Ja, es stimmt schon dass Bozen mehrheitlich italienischsprachig ist, aber einerseits leben hier auch deutschsprachige Südtiroler und andererseits ist Bozen die Hauptstadt Südtirols.

        Eine Hauptstadt heisst nicht nur eine Visitenkarte nach aussen, sondern auch ein Zentrum der Kultur für alle Landesbewohnner.
        Kommen die deutschsprachige Südtiroler von den tälern in die Hauptstadt, so müssen sie in der Lage sein vom reichhaltigen Kulturangebot zu profitieren.

        Mein Vorschlag mit der Verwendung vom Proporz bezog sich vor allem auf Geschäfte, die sich an der lokalen Bevölkerung orientieren.

  5. Alessandro Stenico avatar
    Alessandro Stenico

    Ich lese meistens Bücher in italienischer Sprache und solche die mich interessieren finde ich nicht in die zwei Buchhandlugen in Brixen (Dort findet man hauptsächlich Bücher für den italienischen Tourist und einige Bestseller), ich kaufe sie meistens online, ab und zu, in ein Regentag fahre ich nach Bozen zu der neuen Buchhandlung Cappelli. Die deutschen Bücher kaufe ich mir bei Athesia oder online.
    Ich finde die Führung der neuen Buchhandlung Cappelli in Bozen sehr gut, dort werden mehrere unbekannte und kritischen Autoren eingeladen.

    1. Simon avatar

      Das kann ich alles gut nachvollziehen. Ich finde es nur schade, wenn so strikt getrennt wird.

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